2012-01-27 15:22:55

Israel: Katholisch leben „auf Hebräisch“


RealAudioMP3 Der Anteil der christlichen Gastarbeiter, Einwanderer und Flüchtlinge in Israel wächst. Und damit auch der Bedarf an katholischen Sakramenten und katechetischer Bildung in einer Sprache, die all diese Gläubigen verstehen. Viele dieser Immigranten kommen aus Asien, Osteuropa und Afrika. Ihre Kinder lernen in Israels Hebräisch-sprachigen Schulen leider wenig über das Christentum.

„Wir haben hier katholische Kinder, die nicht Israelis sind, die aber in Israel leben und perfekt in die israelisch-jüdische und Hebräisch sprechende Gesellschaft integriert sind und die in sehr guten jüdischen Schulen ausgebildet werden, in denen Hebräisch gesprochen wird. Aber sie erhalten fast keine christliche Ausbildung!“

Das sagt Pater David Neuhaus vom Lateinischen Patriarchat in Jerusalem, dem das Problem schon seit Jahren Kopfzerbrechen bereitet. In den lokalen katholischen Kirchengemeinden wird überwiegend Arabisch gesprochen; wegen Sprachbarrieren sei die Pflege der christlichen Religion für die Immigranten auch hier nur einschränkt möglich – ein Dilemma, dem die katholische Kirche in Jerusalem aber seit einiger Zeit die Stirn bietet. Pater Neuhaus koordiniert die Initiative im Vikariat von Jerusalem:

„Wir sind eine kleine Gruppe, aber wir versuchen, Lehr- und katechetische Schulbücher auf Hebräisch herauszugeben. Wir gehen in die Gemeinschaften der Gastarbeiter und Flüchtlinge und organisieren Aktivitäten mit den Kindern. All das geschieht natürlich auf Hebräisch.“

„Den Messias kennenlernen“ (2009), „Die Kirche kennenlernen“ (2010), „Die katholischen Feste und das Kirchenjahr kennenlernen“ (2011) – so die Titel der ersten drei Lehrbücher für solche Kinder, die Pater Neuhaus zusammen mit anderen engagierten Mitarbeitern des Patriarchats herausgebracht hat. Für die Hebräisch-sprechende katholische Gemeinschaft im Heiligen Land ist das Projekt noch Neuland. Sie wurde kurz nach der Gründung des Staates Israel offiziell gegründet, zu ihr zählen heute nur etwa 400 bis 500 Leute in sieben Gemeinschaften, fünf davon sprechen Hebräisch, zwei davon Russisch. Pater Neuhaus:

„Hebräisch zu sprechen ist für eine wenige Jahrzehnte alte katholische Kirche eine völlig neue Erfahrung; wir leben unser katholisches Leben auf Hebräisch!“

Eine kleine und junge Kirche, jedoch mit weitem Radius. Die Mitarbeiter des Patriarchates gehen mit ihren Bibelstunden und Schulbüchern auf Hebräisch in Flüchtlingscamps und Gastarbeiter-Viertel, auch Kinder palästinensischer Herkunft, die Hebräisch sprechen, sind unter ihren Schützlingen. Pater Neuhaus schätzt die Zahl der Gastarbeiter im Heiligen Land auf mehr als 200.000, die der Flüchtlinge auf mehrere Zehntausend. Im bunten Gemisch der Ethnien und Religionen in Israel trage diese Initiative auch zum Dialog zwischen Christen und Juden bei, meint der Jesuit:

„Es geht auch darum, Fragen zu beantworten, die im Kontext des gemeinsamen Prozesses der spirituellen Suche gestellt werden. Und hier leben wir in sehr interessanten Zeiten. Die israelische Gesellschaft wird immer selbstbewusster, sie ist immer weniger traumatisiert durch die historische Minderheitenerfahrung und ist deshalb stärker engagiert in den Dialog mit christlichen Partnern.“

In Israel sei überhaupt ein wachsendes Interesse am Christentum und seiner Lehre zu spüren, so Neuhaus weiter. Auch die Frage ,Wer ist Jesus Christus?‘ beschäftige viele Menschen, das sei so eine Art „Wiederentdeckung Jesu als Jude“, so der Geistliche. Und in den säkularen jüdischen Schulen habe das Christentum vielleicht nicht viel Platz im Lehrplan, die Frühgeschichte des Christentums und die Geschichte Jesu werde aber respektvoll und positiv dargestellt:

„Ich habe mir neulich einige der Schulbücher angeschaut, in denen das Christentum behandelt wird, das sind meistens Geschichtsbücher. Und was mir zu großer Freude und Überraschung auffiel, war, dass diese Bücher innerhalb des letzten Jahrzehnts neu geschrieben worden waren. Sie haben einen viel positiveren Ton als die Schulbücher früher, vor allem, was die Figur Jesu und die Geschichte der Frühkirche betrifft.“

Hebräisch-sprechende Katholiken im Heiligen Land helfen den eingewanderten Christen bei der Pflege des eigenen Glaubens und der eigenen Wurzeln – ein hoffnungsvolles Projekt des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, vorgestellt von Pater David Neuhaus im Interview mit Radio Vatikan.


(rv 27.01.2012 pr)








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