Der Anteil der christlichen
Gastarbeiter, Einwanderer und Flüchtlinge in Israel wächst. Und damit auch der Bedarf
an katholischen Sakramenten und katechetischer Bildung in einer Sprache, die all diese
Gläubigen verstehen. Viele dieser Immigranten kommen aus Asien, Osteuropa und Afrika.
Ihre Kinder lernen in Israels Hebräisch-sprachigen Schulen leider wenig über das Christentum.
„Wir
haben hier katholische Kinder, die nicht Israelis sind, die aber in Israel leben und
perfekt in die israelisch-jüdische und Hebräisch sprechende Gesellschaft integriert
sind und die in sehr guten jüdischen Schulen ausgebildet werden, in denen Hebräisch
gesprochen wird. Aber sie erhalten fast keine christliche Ausbildung!“
Das
sagt Pater David Neuhaus vom Lateinischen Patriarchat in Jerusalem, dem das Problem
schon seit Jahren Kopfzerbrechen bereitet. In den lokalen katholischen Kirchengemeinden
wird überwiegend Arabisch gesprochen; wegen Sprachbarrieren sei die Pflege der christlichen
Religion für die Immigranten auch hier nur einschränkt möglich – ein Dilemma, dem
die katholische Kirche in Jerusalem aber seit einiger Zeit die Stirn bietet. Pater
Neuhaus koordiniert die Initiative im Vikariat von Jerusalem:
„Wir sind
eine kleine Gruppe, aber wir versuchen, Lehr- und katechetische Schulbücher auf Hebräisch
herauszugeben. Wir gehen in die Gemeinschaften der Gastarbeiter und Flüchtlinge und
organisieren Aktivitäten mit den Kindern. All das geschieht natürlich auf Hebräisch.“
„Den
Messias kennenlernen“ (2009), „Die Kirche kennenlernen“ (2010), „Die katholischen
Feste und das Kirchenjahr kennenlernen“ (2011) – so die Titel der ersten drei Lehrbücher
für solche Kinder, die Pater Neuhaus zusammen mit anderen engagierten Mitarbeitern
des Patriarchats herausgebracht hat. Für die Hebräisch-sprechende katholische Gemeinschaft
im Heiligen Land ist das Projekt noch Neuland. Sie wurde kurz nach der Gründung des
Staates Israel offiziell gegründet, zu ihr zählen heute nur etwa 400 bis 500 Leute
in sieben Gemeinschaften, fünf davon sprechen Hebräisch, zwei davon Russisch. Pater
Neuhaus:
„Hebräisch zu sprechen ist für eine wenige Jahrzehnte alte katholische
Kirche eine völlig neue Erfahrung; wir leben unser katholisches Leben auf Hebräisch!“
Eine
kleine und junge Kirche, jedoch mit weitem Radius. Die Mitarbeiter des Patriarchates
gehen mit ihren Bibelstunden und Schulbüchern auf Hebräisch in Flüchtlingscamps und
Gastarbeiter-Viertel, auch Kinder palästinensischer Herkunft, die Hebräisch sprechen,
sind unter ihren Schützlingen. Pater Neuhaus schätzt die Zahl der Gastarbeiter im
Heiligen Land auf mehr als 200.000, die der Flüchtlinge auf mehrere Zehntausend. Im
bunten Gemisch der Ethnien und Religionen in Israel trage diese Initiative auch zum
Dialog zwischen Christen und Juden bei, meint der Jesuit:
„Es geht auch
darum, Fragen zu beantworten, die im Kontext des gemeinsamen Prozesses der spirituellen
Suche gestellt werden. Und hier leben wir in sehr interessanten Zeiten. Die israelische
Gesellschaft wird immer selbstbewusster, sie ist immer weniger traumatisiert durch
die historische Minderheitenerfahrung und ist deshalb stärker engagiert in den Dialog
mit christlichen Partnern.“
In Israel sei überhaupt ein wachsendes Interesse
am Christentum und seiner Lehre zu spüren, so Neuhaus weiter. Auch die Frage ,Wer
ist Jesus Christus?‘ beschäftige viele Menschen, das sei so eine Art „Wiederentdeckung
Jesu als Jude“, so der Geistliche. Und in den säkularen jüdischen Schulen habe das
Christentum vielleicht nicht viel Platz im Lehrplan, die Frühgeschichte des Christentums
und die Geschichte Jesu werde aber respektvoll und positiv dargestellt:
„Ich
habe mir neulich einige der Schulbücher angeschaut, in denen das Christentum behandelt
wird, das sind meistens Geschichtsbücher. Und was mir zu großer Freude und Überraschung
auffiel, war, dass diese Bücher innerhalb des letzten Jahrzehnts neu geschrieben worden
waren. Sie haben einen viel positiveren Ton als die Schulbücher früher, vor allem,
was die Figur Jesu und die Geschichte der Frühkirche betrifft.“
Hebräisch-sprechende
Katholiken im Heiligen Land helfen den eingewanderten Christen bei der Pflege des
eigenen Glaubens und der eigenen Wurzeln – ein hoffnungsvolles Projekt des Lateinischen
Patriarchats von Jerusalem, vorgestellt von Pater David Neuhaus im Interview mit Radio
Vatikan.