Österreichs Apostelgeschichte 2012 an Papst übergeben
Heutezutage ein Nachfolger
Christi zu sein, ein Apostel: Was heißt das? In Österreich haben sich zahlreiche katholische
Laien darüber den Kopf zerbrochen und ihre Anliegen, Hoffnungen, Sorgen und Freuden
mit der Kirche in Texte gefasst. Ein zweibändiges Werk ist so zusammengekommen, die
„Apostelgeschichte 2012“ – und die hat an diesem Mittwoch Papst Benedikt XVI. in Empfang
genommen. Die 60-köpfige Delegation österreichischer Pfarrgemeinderäte war unter der
Leitung des Gurker Diözesanbischofs Alois Schwarz nach Rom gekommen. Dieser sagte
uns:
„Das ist das Schöne hier, mit unserer Delegation ist gleichsam das
ganze Leben aller österreichischen Pfarrgemeinden in Rom vertreten. Diejenigen, die
mit sind, verstehen sich als Delegierte, die hier vor Ort sagen, dass das Leben der
Kirche in den Gemeinden lebt, zum Teil blüht, zum Teil manche Sorgen formuliert.“
Übrigens war es Papst Benedikt selbst, der die österreichischen Laien
2007 in Mariazell dazu eingeladen hatte, die Apostelgeschichte gleichsam neu zu schreiben.
Dieser Einladung sind sie zahlreich gefolgt. Warum liegt dem Papst daran, gleichsam
ungefiltert zu erfahren, was die Anliegen der Laien in ihren Gemeinden sind? Bischof
Schwarz, der in Österreichs Kirche für das Laienapostolat zuständig ist:
„Der Heilige Vater weiß ganz genau, dass das Leben der Kirche sich vor Ort abspielt,
dort, wo die Leute ihre Kirche haben, wo sie ihre Gottesdienste feiern, wo sie das
Leben miteinander teilen. Er weiß, dass das Leben der Kirche sich bei den Menschen
zuträgt. Und deshalb ist er daran interessiert, dass dort, wo die leben, auch das
Miteinander gut organisiert, zum Teil auch gut miteinander verwaltet wird, aber vor
allem, dass der Glaube gut miteinander gelebt wird.“
Die Pfarrgemeinderäte
sind etwas wie das pulsierende Herz der katholischen Kirche. 30.000 davon gibt es
in Österreich: 30.000 Katholikinnen und Katholiken, die ihre freie Zeit in den Dienst
der Kirche stellen. Dieses enorme Engagement wird, so denkt Bischof Schwarz, „oft
zu wenig gesehen“, gerade in Zeiten, in denen gerne mit negativen Schlagzeilen über
die Kirche berichtet wird. Natürlich haben die engagierten Laien aber auch Wünsche
und Vorstellungen über den Kurs der Kirche.
„Sie wünschen sich, dass die
mitbeteiligt werden an den Entscheidungsprozessen, dass sie Mitverantwortung tragen
können für das Leben, und vor allem wünschen sie sich, dass sie mit ihren Ideen, den
Glauben heute lebendig zu halten, auch von ihren Seelsorgern verstanden werden. Andererseits
sind sie stark auf die Priester hin konzentriert und wünschen sich starke Priester,
die sie in ihren Belangen unterstützen und fördern.“
In genau zwei Monaten
werden die Pfarrgemeinderäte in Österreich neu gewählt. Wie ist das heute, ehrenamtlich
in der Kirche in Österreich tätig zu sein? Befragt man nur die Medien, kommt ein hässliches
Bild zum Vorschein: eine bis in den Grund gespaltene Kirche, Vorwürfe, Streit. Das
Schöne an der Apostelgeschichte, die am Mittwoch Papst Benedikt übergeben wurde, ist,
dass sie von einer sehnsuchtsvollen Kirche erzählt. Genau darüber haben wir mit einigen
Pfarrgemeinderäten, die in Rom dabei waren, gesprochen. Stefanie Hinterleitner aus
der Diözese Linz zum Beispiel, sie ist in der Jugendseelsorge engagiert. Warum die
Apostelgeschichte 2012 sie berührt und betrifft, wollten wir zunächst von ihr wissen.
„Für
mich ist das ein Zeichen, dass wenn wir zusammenhelfen, dass der Glaube intensiv gelebt
werden kann. Es heißt immer, die Leute sind überall zu wenig, es kann nichts bewirkt
werden. Aber wie wir anhand diese zwei Bände sehen, ist in den Pfarren Leben!“
Heute
Apostel zu sein, ist für die junge Katholikin eine große Herausforderung.
„Es
ist momentan nicht cool, bei der Kirche dabei zu sein, man wird schief angeschaut.
Aber ich war mit Jugendlichen beim Weltjugendtag in Madrid, und es war ein riesengroßes
Erlebnis, dieses Gemeinschaftsgefühl. Es ist schön, das Strahlen in ihren Gesichtern
zu sehen, und wenn sie dann von selbst kommen und sagen, ich möcht beim nächsten Jugendgottesdienst
dabei sein und mitsingen oder eine Lesung lesen.“
Rom und Vatikan, die
offizielle Übergabe der Apostelgeschichte 2012 an den Papst – das war für die Pfarrgemeinderäte
ein großes Erlebnis.
„Für mich ist das eine sehr große Ehre, weil ich mich
als Vertreterin der Jugend sehe. Der Papst soll uns hören! Es sind ja die positiven
Sachen drin, aber auch negative, die nicht so gut laufen. Und es ist wichtig, dass
das auch bis oben hin gelangt. Das ist mir ein sehr großes Anliegen.“
Was
soll Papst Benedikt mit den zwei Bänden der österreichischen Apostelgeschichte anfangen?
Wolfgang Frisch aus der Diözese Graz-Seckau:
„Ich hoffe, dass es auf seinem
Nachtkastl oder dem Schreibtisch landet und nicht in seiner Bibliothek! Ich habe auch
eine Bibliothek mit vielem, was noch nicht gelesen ist, und ich hoffe, dass das bei
ihm anders ist...!“
Allgemein haben viele Pfarrgemeinderäte konkrete Vorstellungen,
Wünsche und Sehnsüchte, wie es mit ihrer Kirche weitergehen soll. Stellvertretend
für viele Wolfgang Frisch:
„Auf jeden Fall auf die Leute hören bei der
Bischofsbesetzung. Vielleicht gelingt es uns, ein Mitbestimmungsrecht für die Besetzung
der Ämter zu bekommen.“
Stefanie Hinterleitner:
„Ich wünsche
mir dass es gelesen wird, dass die Basis gehört wird und dass Veränderungen in der
Kirche anstehen. Ich würde mir wünschen, dass die Frauen zum Diakonat zuglassen werden.
Und mehr Demokratie in der Kirche.“
Die Linzerin ist als Ehrenamtliche
für die katholische Jugendarbeit schon länger Pfarrgemeinderätin. Warum sie das trotz
aller Schwierigkeiten gern macht, erklärt sie so:
„Es sind die Begegnungen
der Menschen. Es ist toll, wenn jemand sagt, das hast Du gut gemacht! Aber auch, wenn
jemand kommt und danach fragt, Rede und Antwort zu stehen, wie es so schön heißt,
für die Hoffnung, die uns erfüllt. Glaubenszeuge zu sein. Ein Licht in der Welt.“
Und der Gurker Pfarrgemeinderat Josef Schlintl:
„Ich bin nicht
mehr ganz der Jüngste, und jetzt habe ich die Möglichkeit, mein Herz, meine Gefühle
Jesus zu widmen. Gestern war, das werde ich mein Leben nicht vergessen, der Besuch
am Petrusgrab mit einer deutschen Ordensfrau. Die vielen Zeugnisse vom Heiligen Petrus.
Ich werde versuchen, diesen Weg weiterzugehen im Sinn Jesu. Ich werde versuchen, ein
kleiner Apostel zu sein und das in die Welt weiterzutragen. Das ist für mich das schönste.“