2012-01-03 13:34:07

Syrien: „Unser Kloster ist Zeichen der Hoffnung“


RealAudioMP3 Angesichts des fortdauernden Blutvergießens in Syrien sind Glaube und Spiritualität ein „rettendes menschliches Ufer“. Das unterstreicht im Interview mit Radio Vatikan der Leiter des syrischen Klosters Deir Mar Musa al-Habashi, das hundert Kilometer von Damaskus entfernt liegt. In der letzten Zeit seien Dutzende junge Menschen hergekommen, so der italienische Jesuit Paolo Dall’Oglio, der das Kloster auch international als Dialog- und Friedenszentrum bekannt gemacht hat. Das Interesse der ganz jungen Gläubigen, die aus ganz verschiedenen gesellschaftlichen Umfeldern kommen, sei vor allem angesichts der prekären Sicherheitslage im Land bemerkenswert. Für sie sei Mar Musa Zeichen der Hoffnung:

„In diesen letzten Wochen hat unser Kloster die Freundschaft, Zuneigung und Nähe junger Syrer aus allen religiösen und politischen Bereichen der Gesellschaft erfahren. Sie brachten Zuneigung und Dankbarkeit uns gegenüber zum Ausdruck, weil sie fühlen, dass ohne dieses spirituelle Ufer menschlicher Positivität der beste Frühling zu einem schrecklichen Winter wird. Unser Kloster ist heute dieses Zeichen, und das fühlen die jungen Leute, sie sagen es im Internet und auf vielerlei Weise. Das ist für mich Zeichen, Trost und auch ein Wunder – ein Wunder geistlicher Aktivität.“

Jungen Gläubigen wie diesen ist es auch zu verdanken, dass der Jesuitenpater immer noch in Syrien weilt. Ende vergangenen Jahres drohte ihm die Ausweisung durch das syrische Regime, weil seine Friedensarbeit wohl allzu politische Züge annahm. Jugendliche verschiedener politischer Überzeugung hätten dies zu verhindern gewusst – sowohl „staatstreue“ Bürger als auch Exponenten der Demokratiebewegung, gibt der Pater weiter an. Als Bedingung für sein Bleiben darf er zu politischen Fragen keine Stellung beziehen. Den Christen rät er, keine Angst vor den massiven Umbrüchen zu haben, die die arabische Welt derzeit nicht nur in Syrien erlebt.

„Angst macht den Einsatz der Christen in diesen Ländern unfruchtbar. Wir versuchen die Christen des Nahen Ostens und in all den umbrechenden Ländern also dazu einzuladen, diese Angst zu überwinden, so dass sie mit Mut und Einfachheit Teil der Veränderungen sind. Wir haben als Christen die Berufung, Sauerteig zu sein, wir können nicht neben dem Teig bleiben. (...) Mit Demut handeln, darum geht es, nicht inaktiv, passiv und ignorant zu sein. Nein, die Christen des Nahen Osten akzeptieren, ihre muslimischen Mitbürger frei und verantwortlich und voller demokratischer Verantwortung zu sehen. Das hat einen Preis gegenüber der Bewegungsfreiheit, die die Christen vorher hatten, aber ich denke – das ist der Weg.“

Wie weit dieser Einsatz der Christen in Syrien gehen soll und kann, darauf kann der Jesuitenpater nicht konkreter antworten, ohne den eigenen Verbleib in Syrien zu gefährden: „Ich ziehe Schweigen in der Heimat dem Sprechen in der Fremde vor“, hat Paolo Dall’Oglio dazu zu sagen. Die Abwanderung von Christen aus Syrien hält sich nach Vermutung des Jesuitenpaters in Grenzen – an gesicherte Zahlen darüber zu kommen, war auch für den Klosterleiter bis heute nicht möglich.

„Die enorme Schwierigkeit, im Westen eine Einreiseerlaubnis zu erhalten, macht es für die Menschen sehr schwierig, überhaupt eine Möglichkeit zur Emigration zu haben. Viele möchten weg, aber nur wenige können das tun. Ich denke also, dass das nicht viele sein werden. Im gebildeteren und auch wohlhabeneren Teil der Gesellschaft, der viele internationale Verbindungen hat, wird man die Verluste aber sicher spüren. Für die Kirche ist die Abwanderung der Christen eine Katastrophe, aber auf menschlicher Ebene kann ich das verstehen: Viele Christen leiden und haben große Angst vor der Zukunft, sie haben Angst, dass das Aufkommen der islamischen Bewegungen die Geschichte zurückdreht und zu einer Situation der Unterdrückung und zur Situation moralischer und ziviler Minderheit führt, die es für die Christen unmöglich macht, als Bürger in diesen Ländern zu leben.“

Eine erste Gruppe von Beobachtern der Arabischen Liga hat am Montag ihre Mission in Syrien beendet. Ziel der Mission ist es, zu prüfen, ob das syrische Regime Wort hält und den Friedensplan der Liga in die Tat umsetzt. Bisher sieht es nicht danach aus - allein in den vergangenen fünf Tagen wurden in Syrien mindestens 150 Menschen durch Sicherheitskräfte getötet, seit dem 23. Dezember gab es mehr als 286 Tote.

(rv/agenturen 03.01.2012 pr)








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