„Die Jugend zur Gerechtigkeit
und zum Frieden erziehen“: Das ist das Motto des 45. Weltfriedenstages, den die Kirche
an diesem 1. Januar feiert, und das war auch das Motto der Papstpredigt bei der Neujahrsmesse
in St. Peter. Wie üblich waren zu diesem ersten Termin des Kirchenoberhaupts im neuen
Jahr die meisten der beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten erschienen – aber
auch drei Könige waren da: Verkleidete Sternsinger aus dem Bistum Würzburg. Ihnen
allen stellte Benedikt XVI. das Vorbild der Hirten von Betlehem vor Augen, die den
neugeborenen König in einem einfachen Baby erkannten.
„Sie haben die
Erfahrung gemacht, in der Gegenwart Gottes zu sein, unter seinem Segen zu stehen nicht
im Saal eines imposanten Palastes oder im Angesicht eines großen Herrschers, sondern
in einem Stall, vor einem „Kind, das in der Krippe lag“ (Lk 2,16). Gerade von diesem
Kind strahlt ein neues Licht aus, das im Dunkel der Nacht leuchtet, wie wir auf vielen
Gemälden, die die Geburt Christi darstellen, sehen können. Und von ihm kommt nun der
Segen: von seinem Namen – Jesus, das bedeutet: „Gott rettet“ – und von seinem menschlichem
Angesicht, in dem Gott, der allmächtige Herr des Himmels und der Erde, Fleisch annehmen
und seine Herrlichkeit unter dem Schleier unseres Fleisches verbergen wollte“.
Die
erste, die von diesem Segen erfüllt wurde, sei Maria gewesen, so der Papst unter Verweis
auf das Hochfest der Gottesmutter Maria am Jahresbeginn. Maria sei „Mutter und Urbild
der Kirche“, weil sie sich Gott als „guter Boden“ dargeboten habe, „in dem er sein
Geheimnis der Erlösung weiter vollbringen kann“.
„Auch die Kirche hat
teil am Geheimnis der göttlichen Mutterschaft mittels der Verkündigung, die in der
ganzen Welt den Samen des Evangeliums aussät, und mittels der Sakramente, die den
Menschen die Gnade und das göttlichen Leben schenken. Insbesondere im Sakrament der
Taufe lebt die Kirche diese Mutterschaft, wenn sie Kinder Gottes hervorbringt aus
dem Wasser und dem Heiligen Geist, der in jedem von ihnen „Abba! Vater!“ (Gal 4,6)
ruft. Wie Maria ist die Kirche Mittlerin des Segens Gottes für die Welt: Sie empfängt
den Segen, da sie Jesus aufnimmt, und sie teilt ihn mit, indem sie Jesus bringt.“
Jesus
sei „der Friede“, rief der Papst – und er schlug damit den Bogen zum Weltfriedenstag.
„Erziehung zum Frieden gehört zur Sendung der Kirche“
„Gott
sei Dank hat die Menschheitsfamilie nach den Tragödien von zwei großen Weltkriegen
gezeigt, daß sie sich dessen immer mehr bewußt ist. Dies bestätigen einerseits internationale
Erklärungen und Initiativen, andererseits die Tatsache, daß in den letzen Jahrzehnten
bei den Jugendlichen selbst viele und verschiedene Formen des gesellschaftlichen Einsatzes
auf diesem Gebiet zu finden sind. Für die kirchliche Gemeinschaft gehört die Erziehung
zum Frieden zu der von Christus erhaltenen Sendung und ist integraler Bestandteil
der Evangelisierung, denn das Evangelium Christi ist auch das Evangelium der Gerechtigkeit
und des Friedens.“
Benedikt XVI. erinnerte an „die Schatten, die heute
den Horizont der Welt verdunkeln“: Wer vor einem solchen Hintergrund Verantwortung
für die Erziehung von Jugendlichen zu grundlegenden Werten übernehme, der sorge dafür,
dass man „mit Hoffnung in die Zukunft blicken“ könne. Erziehung sei aus zwei Gründen
heutzutage eine Herausforderung:
„Erstens, weil in der gegenwärtigen
Zeit, die stark von einer technologischen Mentalität geprägt ist, erziehen und nicht
bloß unterrichten zu wollen nicht selbstverständlich ist, sondern eine Entscheidung
darstellt; zweitens, weil die relativistische Kultur eine radikale Frage stellt: Hat
es noch einen Sinn, zu erziehen?, und dann: Zu welchem Ziel erziehen?“
„Welt
von heute ist kleiner geworden“
Ganz wesentlich sei heute die Erziehung
zur Gerechtigkeit und zum Frieden.
„Die Jungen und Mädchen von heute
wachsen in einer Welt auf, die sozusagen kleiner geworden ist, in der beständige,
wenn auch nicht immer direkte Kontakte zwischen den verschiedenen Kulturen und Traditionen
bestehen. Für sie ist es heute mehr denn je unerläßlich, den Wert und den Weg des
friedlichen Zusammenlebens, der gegenseitigen Achtung, des Dialogs und des Verstehens
zu lernen.“
Ohne solche Erziehung könnten „die gesellschaftlichen Gegebenheiten,
in denen sie aufwachsen, Jugendliche dazu bringen, in ihrem Denken und Handeln eine
... intolerante und gewalttätige Weise anzunehmen“, mahnte der Papst. Besondere Verantwortung
für solche Erziehungsarbeit komme den Religionsgemeinschaften zu.
„Friedenserziehung
für Jugendliche – bis jetzt hat die Papstbotschaft zu diesem Thema noch nicht das
Echo gefunden, das sie verdient“, bedauert Vatikansprecher Federico Lombardi in
einem Editorial für Radio Vatikan. „Aber manchmal sind die wichtigsten Dinge ja
auch gar nicht die, von denen am meisten gesprochen wird. Jedenfalls wird es keinen
Frieden geben, wenn man Jugendliche heute nicht zu Frieden erzieht. Denken wir da
nur an die großen Umwälzungen in Nordafrika und Nahost, oder an die Indignados-Bewegung
in den westlichen Ländern, von Spanien über England bis zu den USA. Welches Ergebnis
wir das alles längerfristig haben, wenn die Aufmerksamkeit der Medien sich längst
auf anderes richten wird? Das hängt zu einem großen Teil von der Erziehung ab. Sonst
folgen auf die Frustrationen von heute unweigerlich die von morgen und die von übermorgen.“
Lombardi: Papst besucht 2012 womöglich den Libanon
Der
Jesuitenpater Lombardi sprach gegenüber dem italienischen Fernsehen von einer Möglichkeit,
dass Papst Benedikt im neuen Jahr „den Nahen Osten und konkret den Libanon“ besuchen
wird. Das sei allerdings im Moment „mehr ein Hoffnung und noch keine Gewißheit“, so
der Leiter des Vatikanischen Pressesaales. Benedikt XVI. wird wohl 2012 das Schlußdokument
der Sonderbischofssynode zum Nahen Osten vorstellen. Die Synode hatte im Oktober 2010
im Vatikan getagt, kurz vor dem Ausbruch des arabischen Frühlings. Eine der Fürbitten
in St. Peter wurde an diesem Sonntag übrigens auch in arabischer Sprache vorgetragen.
Hintergrund
Am 1. Januar begeht die katholische Kirche
seit 1968 den Weltfriedenstag. Zugleich feiert sie das traditionelle Hochfest der
Gottesmutter Maria, das für die lateinische Kirche und einige Kirchen des Ostens auf
den ersten Tag des Jahres fällt. Die Papstbotschaft zum Weltfriedenstag war bereits
am 16. Dezember veröffentlicht worden. Der Papst fordert darin, die Anliegen von Jugendlichen
stärker zu berücksichtigen.