Pater Samir: „Frucht des Arabischen Frühlings ist Bewegung selbst“
Auch wenn der „Arabische
Frühling“ vielleicht noch keine sichtbaren Früchte trägt – sein Verdienst ist die
Bewegung selbst. Daran erinnert der ägyptische Jesuit und Islamexperte Samir Khalil
Samir im Interview mit Radio Vatikan. Samir, der in Beirut Islamwissenschaft lehrt,
zeigt sich zuversichtlich über die Zukunft der Demokratiebewegungen in der islamischen
Welt und erinnert zugleich daran, dass diese mit den Christen zusammenarbeiten müssen,
um zu einer reifen Demokratie zu gelangen.
„Die Christen in Syrien und
in den anderen betroffenen Ländern fürchten sehr, dass sich nun die Islamisten auf
den Thron der Regime setzen. Das ist eine wirkliche Gefahr. Wir müssen jedoch sehen,
dass die Islamisten keine Dämonen sind. Dieser Islamismus lässt sich auch verändern.
Und wie? Die einzige Möglichkeit ist Zusammenarbeit von Christen und Muslimen – für
mehr Liberalismus, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und vor allem den Schutz der
Menschenrechte. In diesen Punkten haben Christen und Muslime gemeinsame Grundlagen!“
Auf
diese gemeinsame Basis gelte es für die weitere Entwicklung des Arabischen Frühlings
zu setzen, fügt Samir an. Denn am Islam selbst führe in den betroffenen Ländern schließlich
kein Weg vorbei:
„Überall auf der Welt sehen die Bevölkerungen im arabisch-islamischen
Raum den Islam als Ideal des sozialen, religiösen und politischen Lebens. Es ist schwierig,
das zu ändern. Die Frage ist, wie jeder die islamische Präsenz im politischen und
sozialen Leben interpretiert. An dieser Stelle wird man sehen, ob es Fortschritte
gibt oder nicht. In diesen Ländern ist die Revolution nicht gescheitert; sie muss
sich anpassen und weiterentwickeln in Richtung einer größeren Demokratie und einer
besseren Anwendung der Menschenrechte.“
Selbst mit Blick auf das im Chaos
versinkende Syrien zeigt sich der Jesuit vorsichtig zuversichtlich; er unterstreicht
den Mut der Bürgerbewegung in dem Land, die sich gegen ein Regime wendet, „das nicht
zögert, zu schießen“:
„Das ist der erste Schritt. Man kann die Macht zurückweisen,
wenn diese Macht autokratisch ist. Der zweite positive Schritt ist der Beginn einer
öffentlichen Debatte aller Bürger, um herauszufinden, welche Perspektiven man für
das Land hat. Dies sieht man in der ganzen arabischen Welt – das ist eine Neuigkeit
in der arabischen Politik!“