Griechenland/Russland: Wirbel um Verhaftung eines Abtes
Gegen die Verhaftung eines Abtes auf Athos hat die russisch-orthodoxe Kirche protestiert.
Sie wirft „politisch einflussreichen Kreisen des griechischen Establishments“ vor,
bewusst eine „Zurückweisung der verfassungsmäßig garantierten spirituellen Rolle“,
die der Orthodoxie in Griechenland zugedacht sei, vorexerzieren zu wollen. Ziel sei
es, mit derartigen Aktionen den wegen des Finanzdebakels verärgerten Westen zu beeindrucken.
Anlass der indirekten Kritik an der Regierung von Ministerpräsiden Lukas Papademos
war die zu Weihnachten erfolgte Verhaftung des Abts des Vatopedi-Klosters auf der
Halbinsel Athos, Archimandrit Ephraim. Die griechische Polizei hatte den Abt auf der
berühmten „Mönchsrepublik“ Athos in seiner Klosterzelle unter Hausarrest gesetzt.
Nach Angaben der griechischen Justiz werden dem Abt Ephraim Geldwäsche und Betrug
vorgeworfen. Er soll versucht haben, auf Kosten des Staates bei einem Immobiliendeal
ein lukratives Bürogebäude nahe Athen zu erwerben. Wie der Sekretär für interorthodoxe
Beziehungen des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Igor Jakimtschuk, am Dienstag gegenüber
der russischen Nachrichtenagentur „Interfax“ erklärte, sei die Aktion überaus fragwürdig.
Die Verhaftung sei kurz nach der Rückkehr des Abtes aus Moskau erfolgt, wo er die
an das Moskauer Patriarchat verliehene Reliquie des „Gürtels der Gottesmutter“ zurückerhielt,
teilte Jakimtschuk mit: „Wir sind in großer Sorge. Selbst wenn Archimandrit Ephraim
in irgendeiner Weise schuldig sein sollte, ist die Verhaftung eines Abtes eine extreme
Sanktion.“ Viele würden „politische Hintergründe“ sehen, so der Moskauer Erzpriester.
Hintergrund Der Immobilienskandal um das berühmte Kloster
auf dem Berg Athos im Nordosten Griechenlands hatte zwei Minister der konservativen
Regierung von Kostas Karamanlis zum Rücktritt gezwungen und zu dessen Wahlniederlage
im Herbst 2009 beigetragen. Im Dezember 2010 waren der Abt und seine rechte Hand,
der Mönch Arsenios, bereits zu einer mehrmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden,
weil sie einen Richter zu korrupten Machenschaften verleitet hatten. Ein Ermittlungsrichter
schätzte den daraus gezogenen Vorteil auf eine Summe in der Höhe von mehr als 100
Millionen Euro.