Eine ganz besondere
Lateinprüfung haben Gymnasiasten deutscher Sprache am Dienstag im Vatikan abgelegt:
Inmitten antiker römischer Statuen, Torsi und Reliefs in den Vatikanischen Museen
übersetzten die Buben und Mädchen unter dem Motto „Puer natus est – ein Kind ist geboren“
liturgische Texte zum Thema Weihnachten. Simon Lang hat sie dabei beobachtet.
Da
wird geschwitzt in den Schuluniformen: 25 Schülerinnen und Schüler der Gymnasien Sacre
Coeur in Bregenz und Formatio in Liechtenstein übertragen knifflige Latein-Texte ins
Deutsche. Man kann quasi sehen, wie sie nachdenken. Gebeugt über altmodische Schulbänke,
die Vatikan-Arbeiter zwischen die antiken Marmor-Büsten und Statuen gestellt hatten,
schreiben sie ihre Prüfungsantworten ins Reine, und das unter den Augen zahlreicher
Journalisten. Teil zwei der Schularbeit sind Fragen über die Kirche. Wörterbücher
sind tabu, und Spickzettel selbstredend auch, aber dafür dürfen die Jugendlichen das
Telefon zu Hilfe nehmen: Hohe kirchliche Würdenträger im Vatikan und außerhalb stehen
ihnen mit ihrem Fachwissen bei.
„Welche lateinischen Wörter stecken im
Begriff Sedisvakanz und was ist damit gemeint? - Ja die vacanzia ist die Leere, von
vacare, 'leer sein'.“
Auch unser Haus-Latinist Gero P. Weishaupt, der für
das deutschsprachige Programm von Radio Vatikan wöchentlich Nachrichten ins Lateinische
übersetzt, ist von seinem Wohnsitz in den Niederlanden als Telefon-Joker eingespannt.
Der Schülerin, die ihn anruft, stellt Weishaupt drei Prüfungsfragen, unter anderem
will er von ihr wissen, wie das lateinische Verb „gero“ zu übersetzen sei. Und ihrerseits
fragt die Schülerin ihren Telefon-Joker, was eigentlich ein Kardinal „in pectore“
ist.
„Wir waren schon ziemlich aufgeregt“, berichtet Chiara Jung aus
Bregenz. „Es war viel zu lernen, wir mussten uns gut vorbereiten, aber es war alles
zu schaffen, und die ganze Situation auch bei der Schularbeit ging gut.“
Von
– geradezu – Vorfreude auf die Prüfung im Vatikan erzählt uns Sandro Wille aus Liechtenstein:
„Es ist schon eine Ehre. Anfangs als der Lehrer es erwähnt hatte, habe
ich nicht wirklich daran geglaubt. Als es dann gebucht war, war es schon eine spannende
Sache und auch ein Ansporn, um dann zu lernen.“
Einer der hohen Helfer
von vatikanischer Seite ist Bischof Giuseppe Sciacca, Generalsekretär des Vatikanischen
Governatorates. So wie Weishaupt, ist auch er Kirchenrechtler und als solcher fit
in der Sprache der alten Römer und der Kirche. Deshalb freut sich der Bischof, den
Nachwuchs-Latinisten beizustehen.
„Bei solchen Anlässen kann Latein nochmals
seine vereinigende Kraft zeigen. Es war und ist eine große Sprache, die Sprache der
Kirche, die in unserer Gesellschaft noch nicht vergessen ist. Latein ist ein Zeichen
der Gemeinschaft und der Teilhabe an großen spirituellen Werten.“
Die Prüfung
ist vorüber, das Schwitzen hat ein Ende. Erleichterung macht sich breit – wie nach
jeder gewöhnlichen Schularbeit zu Hause im Gymnasium auch. Doch das Setting macht
den Untrschied. Von dieser Lateinprüfung im Herzen des Vatikans werden die heutigen
Schülerinnen und Schülern wohl eines Tages ihren Enkeln erzählen.
„Also
die ganze Location, das ganze drum herum war wirklich toll. Also es war etwas außergewöhnliches,
so etwas gab es noch nie.