Benedikt XVI. hat
am Sonntagmorgen Strafgefangene im römischen Gefängnis Rebibbia besucht. Bei der Begegnung
forderte der Papst verstärkte Anstrengungen für ein gerechtes Justizwesen und erinnerte
an den Zusammenhang von göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit. Anschließend konnten
einige Gefangene Fragen an den Papst stellen. In seinen frei formulierten Antworten
ermutigte Benedikt XVI. immer wieder zu neuer Hoffnung. An dem von großer Herzlichkeit
geprägten Treffen nahmen auch die italienische Justizministerin teil sowie Vertreter
der Gefängnisseelsorge.
Wörtlich zitierte Benedikt XVI. in seiner Rede einen
Passus des Nachapostolischen Schreibens Africae Munus:
„Es ist dringlich,
unabhängige Justiz- und Gefängnissysteme einzurichten, um das Recht wiederherzustellen
und die Schuldigen neu zu erziehen. Auch müssen die Fälle von Justizirrtümern und
die Misshandlungen von Gefangenen, die zahlreichen Vorfälle von Nichtbeachtung des
Gesetzes, die einer Menschenrechtsverletzung entsprechen und die Einkerkerungen, die
erst spät oder nie in einen Prozess münden, ausgeschlossen werden. Die Kirche … erkennt
ihre prophetische Mission gegenüber all denen, die von der Kriminalität betroffen
sind, und ihr Bedürfnis nach Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Die Gefangenen
sind menschliche Personen, die trotz ihres Vergehens verdienen, respektvoll und würdig
behandelt zu werden. Sie bedürfen unserer Fürsorge.“ (Africae Munus 83)
Der
Papst wisse, dass die Überbelegung und der schlechte Zustand der Gefängnisse die Haft
oft noch bitterer machten:
„Ich habe einige Briefe von Häftlingen erhalten,
die das unterstreichen. Es ist wichtig, dass die Institutionen aufmerksam die Situation
des Justizvollzugs untersuchen, ihre Strukturen, Mittel und das Personal überprüfen,
damit die Gefangenen niemals genötigt sind, eine „doppelte Strafe“ abzuleisten. Es
ist notwendig, den Strafvollzug weiterzuentwickeln, wenn auch unter Beachtung der
Gerechtigkeit, damit er immer besser den Bedürfnissen der menschlichen Person entspricht,
indem man auch auf den Offenen Vollzug setzt oder andere Strafformen.“
Derzeit
wird in Italien wegen der Überfüllung der Gefängnisse und der Finanzkrise über eine
Ausweitung des Offenen Strafvollzugs diskutiert. In seiner vor allem geistlich
geprägten Ansprache, unterstrich Benedikt den Zusammenhang von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit,
die von den Menschen zumeist als etwas Unterschiedliches betrachtet würden.
„Gerechtigkeit
ist für uns das, was dem anderen geschuldet ist, während barmherzig das ist, was aus
Güte gegeben wird. Scheinbar schließt das eine das andere aus. Aber für Gott ist es
nicht so: In Ihm fallen Gerechtigkeit und Liebe zusammen, es gibt keine gerechte Handlung,
die nicht auch ein Akt der Barmherzigkeit und der Vergebung wäre, und zugleich gibt
es keine Handlung aus Barmherzigkeit, die nicht vollkommen gerecht wäre. Wie weit
entfernt ist die Logik Gottes von der unseren! Und wie anders ist seine Weise zu handeln!
… Unsere Gerechtigkeit wird umso vollkommener sein, je mehr sie beseelt ist von der
Liebe zu Gott und zu den Mitbrüdern.“