Michela Murgia:
Camilla im Callcenterland. Eine Besprechung von Mario Galgano
Man sitzt
ruhig auf dem Sofa, liest ein Buch oder schaut die Nachrichten im TV. Plötzlich klingelt
das Telefon. Am anderen Ende des Apparats ist eine nette Frauenstimme, die uns etwas
verkaufen will. Solche Anrufe kommen meist in ungünstigen Zeiten und man ist verärgert
über Leute, die etwas via Telefon verkaufen wollen. Doch wie ist es mit der anderen
Seite? Die italienische Autorin Michela Murgia hat in ihrem neusten Roman „Camilla
im Callcenterland“ diese Sicht trefflich beschrieben. Die Autorin selber arbeitete
eine zeitlang in einem Callcenter. Sie kennt deshalb dieses Metier gut. In ihrem Werk
beschreibt sie den Alltag einer Callcenter-Mitarbeiterin, ein Posten, der zu den präkersten
Arbeitsplätzen überhaupt zählt: Sadismus, mechanisch vorgetragene Sätze, Halbwahrheiten
und anderes mehr gehören zu dem Alltag. Die Callcenter-Welt ist Sinnbild für die Gegenwart:
Jugend ohne Perspektiven, Konsumismus, trügerischer Sein vermischen sich mit der Hoffnung
auf eine bessere Zukunft und Vertrauen in die Mitmenschen. Der Roman ist deshalb nicht
eine simple Fiktion sondern ein Zeugnis für die Zukunft und eine Mahnung: Wenn das
nächste Mal das Telefon klingelt und eine nette Frauenstimme etwas verkaufen will,
dann soll man das bitte freundlicher ablehnen.
Erschienen auf Deutsch im Wagenbuchverlag,
Preis rund 10 Euro.