Das kulturelle Erbe
der Indigenen für die Gesellschaft stark machen – das ist Absicht der katholischen
Kirche in Neuseeland. In den vergangenen Tagen trafen sich Bischöfe vom ozeanischen
Inselstaat mit dem Papst im Vatikan; sie waren zum Ad Limina-Besuch angereist. Im
Interview mit Radio Vatikan schildert der Präsident der Bischofskonferenz Neuseelands
und Erzbischof von Wellington, John Atcherley Dew, wie die Synthese aus Katholizismus
und kulturellen Traditionen der Ureinwohner für das neuseeländische Christentum fruchtbar
wird. 15 Prozent der insgesamt 4,4 Millionen Neuseeländer sind katholisch, viele davon
gehören dem indigenen Bevölkerungsteil an.
„Es gab bei uns immer einen
großen Dialog mit den Maori und den indigenen Völkern Neuseelands, dafür kamen ja
die ersten Missionare hier hin. Ein Teil des neuen Messbuches ist jetzt auch in die
maorische Sprache übersetzt worden. Das liegt uns Bischöfen sehr am Herzen, denn wir
halten das für ein wichtiges Signal für unsere bi-kulturelle Kirche. Für uns ist die
Inkulturation der Liturgie wichtig, aber auch der Theologie und Spiritualität. Die
Maori haben ein reiches Erbe an Werten – wie zum Beispiel der Respekt vor der Würde
und dem Wert der menschlichen Person. Wir versuchen das an unsere ganze Gesellschaft
weiterzugeben.“
Die Übersetzung der Bibel in die polynesischen Sprachen
ist eines der Anliegen, die 1998 auf der Bischofssynode für Ozeanien im Vatikan formuliert
wurden. Die meisten der neuseeländischen Maori sind heute Christen. Die Integration
der lokalen Sprachen in die Messe ist eine „Bereicherung“ der Liturgie, auch darauf
verweist das Arbeitsinstrument der Bischofssynode explizit. Die christliche Wahrheit
soll im heimatlichen Gewand erscheinen, so die Grundidee: „Der positive Effekt einer
gut geleiteten Inkulturation ist, dass sich Mitglieder einer gegebenen kulturellen
Gesellschaft mehr im katholischen Glauben und in der katholischen Anbetung zu Hause
fühlen“ (Instr. Lab. 14). Neben dieser Inkulturation des christlichen Glaubens ist
die Einwanderung eine weitere Herausforderung für die Ortskirche, erzählt Erzbischof
Dew:
„Ein anderer Aspekt der Inkulturation ist die Integration der anderen
ethnischen Minderheiten, die in Neuseeland ankommen: Wir suchen nach Wegen, um das
kulturelle und religiöse Erbe, das sie aus ihren Herkunftsländern mitbringen, zu fördern,
damit sie unsere Gemeinden, Diözesen und Gemeinschaften bereichern können.“
Zu
diesen Immigranten zählen vor allem Chinesen und Inder, die dem Buddhismus und Hinduismus
anhängen. Doch auch eine muslimische und jüdische Gemeinde gibt es in Neuseeland,
weiter wanderten Katholiken aus Kroatien und Italien zu. Auch dank dieser Einwanderer
kann die katholische Kirche in Neuseeland in den vergangenen Jahren einen Zuwachs
verzeichnen. In den Großstädten der Nordinsel ist der katholische Glaube bereits größte
Konfession.
Wie viele Länder im industrialisierten Westen hat auch Neuseelands
Kirche mit Tendenzen zu kämpfen, die dem Glauben zusetzen. immerhin ein Drittel der
Bevölkerung gilt als konfessionslos, moderne Entwicklungen wie die Industrialisierung,
die neuen Medien und Kapitalismus vor allem in den Städten tragen zur Relativierung
bisheriger Werte bei. Für die katholische Kirche des Landes sei deshalb heute eine
Grundfrage, wie man überhaupt in der Gesellschaft auftreten wolle, so Erzbischof Dew:
„Die
Kirche versucht der Säkularisierung mit einer größeren Präsenz in der Gesellschaft
zu begegnen. Wir haben zum Beispiel ein nationales Bioethikzentrum, das sich mit verschiedenen
moralischen Fragen beschäftigt. Dann haben wir vor kurzem ein nationales Ausbildungsinstitut
für unsere Dozenten gegründet, das der Koordinierung der Ausbildung dient. Wir wollen
damit auch erreichen, dass die Stimme der Kirche zu moralischen und politischen Fragen
gehört wird, wollen an den Stellen, wo Entscheidungen getroffen werden, präsent sein.“