2011-12-15 14:54:44

Afrika: Salesianer im Kampf gegen Kinderhandel und Beschneidung


RealAudioMP3 Wenn im westafrikanischen Sierra Leone Kinder ausgebeutet, sexuell missbraucht und verkauft werden, „dann geht das auch die politisch Verantwortlichen, und letztlich alle Menschen in Österreich“, etwas an: Das hat der Salesianer Lothar Wagner am Donnerstag im Gespräch mit Kathpress betont. Wagner leitet Hilfseinrichtungen des Ordens für Kinder in Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone. Er kämpft mit seinen rund 100 Mitarbeitern gegen Kinderhandel, Kinderprostitution und die Beschneidung von Mädchen.

In Heimen, Notunterkünften und Ausbildungszentren versuchen die Salesianern den Kindern eine Chance auf ein besseres Leben zu bieten. Unterstützt werden die Salesianer von der heimischen Don-Bosco-Hilfsorganisation „Jugend Eine Welt“. Die Projekte in Sierra Leone werden zu 100 Prozent aus Spenden finanziert. Br. Lothar leitet u.a. das Don Bosco Straßenkinderzentrum „Don Bosco Fambul“ und das Mädchenheim „Girls-Os“.

Mehr Vergewaltigungen als im Krieg
Besonders schwierig sei die Situationen von Mädchen und jungen Frauen. Sie seien besonders von sexueller Ausbeutung, Gewalt und schwersten Menschenrechtsverletzungen betroffen, so der Salesianer. So sei etwa die Zahl der Vergewaltigungen heute höher als während des Bürgerkrieges zwischen 1991 und 2002. Am Schlimmsten sei, „dass das Unrechtsbewusstsein weitgehend fehlt, sowohl bei den Tätern als auch ihren Opfern und meist auch bei der Polizei“.

Um die Einstellung der Menschen zu ändern, brauche es in erster Linie mehr Bildung. Aber das Schulwesen funktioniere einfach noch nicht. 70 Prozent der Kinder könnten keine Schule besuchen, bei Mädchen liege der Anteil sogar bei 95 Prozent. Dazu kämen auch sexuelle Ausbeutung und Korruption in den Schulen.

Sierra Leone zählt zu einem der absolut ärmsten Länder der Welt und lässt auf einer offiziellen UNO-Rangliste nur mehr den Sudan und Somalia hinter sich. Zehn Jahre Bürgerkrieg haben das Land endgültig zerstört, die Bevölkerung sei davon immer noch traumatisiert, so Br. Lothar.

Kinderhandel sei in Sierra Leone ein gutes Geschäft. Kriminelle würden in entlegenen Gebieten kinderreiche Familien aufsuchen und den Eltern ihre Kinder „abschwatzen“; mit Versprechungen von einem besseren Leben und der Möglichkeit für die Kinder, in der Hauptstadt Freetown eine Schule besuchen zu können. In Wahrheit würden die Kinder dann an andere Familien verkauft, „wo die Buben auf der Straße arbeiten müssen und die Mädchen oft zur Prostitution gezwungen werden“. Die Kinder versuchten dann oft zu flüchten und viele lebten auf der Straße, „schlagen sich mit Gelegenheitsarbeiten und Diebstählen durch“.

In Sierra Leone ist zudem die Beschneidung von Mädchen und Frauen immer noch gesetzlich erlaubt. 95 Prozent der weiblichen Bevölkerung sei davon betroffen, betonte der Salesianer. Wenn sich Mädchen gegen die Beschneidung wehren, werden sie von ihren Familien und generell der Gesellschaft ausgestoßen. Wagner: „Der familiäre Druck ist groß, sie gelten als unrein.“ Die Don Bosco- Mitarbeiter nehmen immer wieder auch Mädchen auf, die dieses Schicksal ereilt.

Zwar komme langsam ein Umdenkprozess in Gang, auch auf internationalen Druck hin, und es seien Gesetzesänderungen im Laufen; doch letztlich komme es darauf an, in der Bevölkerung einen Bewusstseinswandel herbeizuführen, und davon sei Sierra Leone noch weit entfernt, so Br. Lothar.

Für ihn und seine Mitarbeiter gelte jedenfalls: „Im Einsatz gegen Kinderhandel und Beschneidung gibt es keine Kompromisse.“ Dafür würden die Salesianer auch immer wieder massiv bedroht. Erst kürzlich sei auch eine große Medienkampagne gegen ihn initiiert worden, berichtete der Salesianer.

Hilfe für Ex-Kindersoldaten
Ein schweres Los tragen auch die Tausenden ehemaligen Kindersoldaten, die während des Bürgerkriegs von Rebellentruppen gewaltsam entführt und dann zum Töten und Morden gezwungen worden waren. Zurück in ihre Dörfer können sie nicht mehr, dort werden sie nicht akzeptiert. Also bleiben sie in Freetown ohne Perspektiven für ein besseres Leben.

Auch solchen ehemaligen Kindersoldaten versuchen die Salesianer zu helfen. Insgesamt seien es rund 2.500 Kinder, um die sich die Patres und ihre Mitarbeiter kümmern, so Br. Lothar. Die Salesianer betreiben in der Hauptstadt auch eine eigene Telefon-Hotline, an die sich Kinder und Jugendliche in Not wenden können. „Jährlich haben wir rund 8.000 Anrufe“, verdeutlichte Br. Lothar die schwierige Situation.

(kap 15.12.2011 mg)







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