Die beiden großen
Kirchen in Deutschland fordern einen Stopp von Rüstungsexporten an repressive Regime.
Die Gemeinsame Konferenz für Kirche und Entwicklung stellte am Montag in Berlin ihren
15. Rüstungsexportbericht vor: Vor allem die geplante Lieferung von Leopard-Kampfpanzern
nach Saudi-Arabien stößt bei den Kirchen auf Kritik. Das von der Bundesregierung vorgebrachte
Argument, die Lieferungen könnten zu einer Stabilisierung der Region beitragen, hält
der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz, Prälat Karl Jüsten, für problematisch:
„Zunächst
einmal ist Saudiarabien ja alles andere als eine Demokratie. Zweitens hat das Land
jüngst die Demokratiebewegung in Bahrein unterdrücken geholfen. Darüberhinaus stellt
sich die Frage, ob das wahabitische System ein Exportschlager werden sollte - ob Saudi-Arabien,
mit dem wir auch wegen des Öls verbunden sind, ein bevorzugtes Zielland von Waffen
werden sollte - da sagen wir: nein.“
Nach dem Rüstungsexportbericht
der Kirchen exportierte Deutschland im Jahr 2010 Kriegswaffen im Wert von über zwei
Milliarden Euro, was im Vergleich zum Vorjahr 2009 einer Steigerung von 50 Prozent
entspricht. Das Land belegt damit nach den USA und Russland weiterhin Rang drei bei
Waffenausfuhren.
Die Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter, also noch
ausstehende Exporte, sei mit rund 4,75 Milliarden Euro hingegen leicht zurückgegangen:
Im Jahr 2009 wurden Ausfuhrgenehmigungen im Gegenwert von rund fünf Milliarden Euro
erteilt. Grundsätzlich jedoch hätten Genehmigungen in Staaten, die nicht die geltenden
EU-Kriterien für Waffenlieferungen erfüllten, deutlich zugenommen. Und noch ein anderer
Punkt bereitet Prälat Jüsten Sorge:
„Die Bundesregierung plant ja einen
Umbau und eine Verkleinerung der Bundeswehr, und das ganze Material, was dann bei
der Bundeswehr nicht mehr gebraucht wird, wird dann verkauft werden. Und da haben
wir schon negative Erfahrungen gemacht mit den Waffen, die verkauft wurden, als die
NVA, also damals die Nationale Volksarmee der ehemaligen DDR, aufgelöst wurde. Die
fanden sich dann nachher in Krisenherden wieder! Eine ähnliche Sorge haben wir jetzt,
dass sich das Material der Bundeswehr nachher in Krisenherden wiederfindet.“
Positiv sei, dass die Kleinwaffenexporte leicht zurückgegangen seien.
Diese machen – verglichen mit der Ausfuhr von Großwaffensystemen – zwar einen geringen
Anteil der Exporte aus, richten aber einen erheblichen Schaden vor allem in politisch
instabilen Abnehmerländern an. Jüsten führt die Rückläufigkeit der Kleinwaffenexporte
auch auf die Wirkung des Rüstungsexportberichtes der Konferenz zurück. Der jährlich
erscheinende gemeinsame Bericht der Kirchen habe die Bundesregierung dazu veranlasst,
selbst einen eigenen Rüstungsbericht vorzulegen.
„Insgesamt bemängeln
wir aber, dass das Parlament seiner Kontrollfunktion an dieser Stelle viel zu wenig
nachkommt, denn das, was wir tun, müsste eigentlich das Parlament tun.“
Der „Rüstungsexportbericht“ der Gemeinsamen Konferenz wird unter Mitarbeit
von Experten aus dem Bonner Internationalen Konversionszentrum, der Hessischen Stiftung
Friedens- und Konfliktforschung und dem internationalen Friedensforschungsinstitut
„SIPRI“ in Stockholm erstellt. Er bewertet die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach ethischen
Maßstäben vor dem Hintergrund der aktuellen sicherheits- und entwicklungspolitischen
Lage.