Zweiter Teil der Adventspredigten im Vatikan: Was können wir aus 2000 Jahren lernen?
Das Mönchtum und die Verkündung des Evangeliums in Europa nach dem Ende des römischen
Reiches: Dies waren die Themen der zweiten Adventspredigt, die der offizielle Prediger
des Heiligen Stuhles, Pater Raniero Cantalamessa, an diesem Freitag im Vatikan in
Anwesenheit des Papstes hielt. In der vergangenen Woche hatte er angekündigt, die
2.000 Jahre Kirchengeschichte daraufhin durchzusehen, was für Lehren für die Verkündigung
heute die Geschichte biete: Neuevangelisierung mit Hilfe der Geschichte.
Er
entwerfe in seinen insgesamt vier Adventsansprachen das Panorama von zwei Jahrtausenden
der Verkündigung. Zweitausend Jahre der Evangelisierung, aber unter den verschiedensten
und sich ständig wandelnden Umständen, so Cantalamessa zum ersten Advent.
Zum
zweiten Advent sprach er über die „zweite große Welle der Evangelisierung“. Mit dem
Zerfall des römischen Reiches und dem Einbruch der unchristlichen „Barbaren“ hätte
das Christentum vor völlig neuen Herausforderungen gestanden. Eine Welt sei zusammen
gebrochen, reflektiert etwa in Aurelius Augustinus Werk De Civitate Dei, geschrieben
nach der Einname Roms durch Alarich im Jahr 410. Die Aussage des Apostels Paulus im
Kolosserbrief, es gebe weder Griechen noch Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene,
bedurfte eines völlig neuen Verständnisses, waren doch ganz neue Horizonte und Grenzen
dazu gekommen. „Die Evangelisierung der Barbaren stellte völlig neue Bedingungen
dar, wenn man sie mit der griechisch-römischen Welt vergleicht“, so Cantalamessa.
„Dort sah sich das Christentum einer kultivierten Welt gegenüber, organisiert, mit
Gesetzen und Regelns und gemeinsamen Sprachen. Es gab also eine Kultur, mit der man
sprechen und die man konfrontieren konnte. Nun musste man aber gleichzeitig evangelisieren
und zivilisieren, man musste lesen und schreiben beibringen, während man gleichzeitig
den Menschen in der christlichen Lehre unterrichtete. Die Inkulturation nahm eine
völlig neue Form an.“
Protagonisten dieser zweiten Welle der Evangelisierung
seien die Mönche gewesen, so Cantalamessa. Es sind Namen wie Columba und Patrick und
später Benedikt und Bonifatius, deren Spuren bis heute sichtbar seien. In ihrem Leben
könne man quasi die Geschichte des Paulus neu lesen, „die gleiche Sorge, das Evangelium
zu allen Menschen zu bringen, derselbe Mut, sich allen Gefahren zu stellen.“
Können
wir davon lernen? Kapuzinerpater Cantalamessa hatte seine Predigtreihe
mit der Ankündigung begonnen, aus der Geschichte Lehren für die Evangelisierung heute
zu ziehen. Dies sei nicht eins zu eins möglich, begann er diesen Teil seiner Ausführungen,
heute sei zum Beispiel der interreligiöse Dialog Teil der Verkündigung des Christentums,
zitierte er Johannes Paul II (Redemptoris Missio, 55). Aber noch immer könne uns das
Mönchtum viel lehren, auch in seinen neuen Formen. Ausdrücklich erwähnte Pater Cantalamessa
die Gemeinschaft von Jerusalem, eine in Frankreich entstandene neue mönchische Bewegung,
die in Rom etwa in der Kirche Tinità dei Monti Heimat gefunden habe.
Die Mönche
damals und heute wiesen die Verkünder darauf hin, dass zur Evangelisierung das Gebet
dazu gehöre, und das nicht als Gebet für die Verkündenden, sondern als Gebet der Verkündenden.
Ohne die Verwurzelung im Gebet könne es keine Evangelisierung geben. Dies würden auch
den modernen Menschen die Mönche des frühen Mittelalters, die alle aus der Kontemplation
kamen und die alle auch in ihrer Arbeit in Kontemplation lebten, lehren.