2011-12-06 09:59:27

Afghanistan: „Ziviler Wiederaufbau statt Schwerpunkt auf Militär“


RealAudioMP3 Die internationale Staatengemeinschaft will beim langfristigen Aufbau Afghanistans helfen – auch nach dem für 2014 geplanten Abzug der ausländischen Soldaten. Das ist ein Ergebnis der elften Afghanistankonferenz vom Montag in Bonn. Nach Ansicht der katholischen Friedensbewegung Pax Christi und vieler Hilfsorganisationen kommt der Plan reichlich spät: Jahrelang sei der zivile Aufbau Afghanistans gegenüber militärischen Belangen vernachlässigt worden, meint zum Beispiel Monika Hauser, Gründerin der Hilfsorganisation Medica Mondiale. Die Organisation setzt sich in Afghanistan mit Hilfe afghanischer Frauen für Frauen und Mädchen ein. Sie sagte im Interview mit dem Kölner Domradio:

„Hier die ganzen Kräfte und weniger Geld ins Militär hineinzustecken, um einen Justizapparat aufzubauen, der wirklich Sicherheit für die Menschen bedeutet, gegen die Realität der Straflosigkeit vorzugehen, eine gute Regierungsführung aufzubauen, der Armut zu begegnen und die Menschenrechte hochzuhalten – die Realität ist dagegen Vetternwirtschaft und Korruption. All diese Maßnahmen sind vernachlässigt worden, und die Afghanen und Afghaninnen zahlen den Preis!“

Auch zehn Jahre nach Beginn des Militäreinsatzes, der dem Land mehr Sicherheit bringen sollte, kann von stabilen Verhältnissen in Afghanistan keine Rede sein. Ganz im Gegenteil, meint Hauser: Das ausländische Militär habe sogar „mehr Probleme“ gebracht, so die Menschenrechtlerin mit Blick auf die schwierige Arbeit der Hilfsorganisationen – diese würden durch die Militärpräsenz zusätzlich zur Zielscheibe radikaler Gruppen.

Die eigentliche Gefahr für die afghanischen Frauen und Mädchen seien allerdings „ihre eigenen Männer“, fügt Hauser an: 80 Prozent aller Frauen würden in Afghanistan immer noch zwangsverheiratet, davon 60 Prozent unter 16 Jahren. Diese junge Generation gelte es zu schützen, so Hauser – in ihrer Hand liege die Zukunft des Landes:

„Abgesehen davon, dass ich nicht denke, dass tatsächlich das ganze internationale Militär im Jahr 2014 weg sein wird – das ist nicht im Interesse der internationalen Gemeinschaft – baue ich auf die jungen Afghanen und Afghaninnen. Hier sind gut qualifizierte Menschen, hoch engagiert, denen wirklich die Demokratisierung und der Aufbau ihres Landes sehr am Herzen liegt, die natürlich nicht die Macht der Clanherren haben. Aber die zu stärken wäre eine vordringlichste Aufgabe des Westens.“

Im Gegenzug für langfristige Hilfe will die internationale Staatengemeinschaft vom afghanischen Präsidenten Hamid Karzai verbindliche Versprechen, Reformen einzuleiten, die Regierungsarbeit zu verbessern und den Kampf gegen die Korruption voranzutreiben. Ein Beispiel für das Auseinanderklaffen von Verfassung und gesellschaftlicher Realität in Afghanistan ist die Diskriminierung von Frauen, deren Gleichberechtigung eigentlich gesetzlich festgeschrieben ist.

(domradio/agenturen 06.12.2011 pr)







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