2011-12-03 11:14:01

Die Adventsbetrachtung


RealAudioMP3 Die Betrachtung zum zweiten Adventssonntag spricht Abt Maximiliam Heim OCist von Stift Heiligenkreuz, er bezieht sich auf den Text von Mt 3: 1-12

In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa:
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!
Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung. Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?
Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.
Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
Ich taufe euch nur mit Wasser (zum Zeichen) der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.



Liebe Hörerinnen und Hörer!
Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Die Liturgie des Advents bildet eine Art Triptychon. Auf der einen Tafel dieses dreiteiligen Altars steht Johannes der Täufer als die große beherrschende Figur des Advents. Die andere Tafel zeigt Maria, die Mutter des Herrn. Sie beide deuten auf die mittlere Tafel: auf Christus selbst. Blicken wir heute auf Johannes den Täufer. Er ist der strenge Rufer zur Metánoia, zum Umdenken. Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!

Unsere natürliche Einstellung ist ja immer wieder die, uns selbst behaupten zu wollen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, uns selbst in die Mitte zu stellen. Wer Gott finden will, muss immer wieder innerlich umkehren, er muss dem Navigationsgesetz des Egoismus entgegentreten und bewusst in die andere Richtung gehen, vom Ich zum Du! Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt! Werdet Täter des Glaubens! Denken wir an Menschen wie Nikolaus Groß oder an Elisabeth von Thüringen!

Metanoéite: Denkt um, auf dass ihr der Anwesenheit Gottes in der Welt gewahr werdet. Ohne diese Wahrnehmung Gottes wird selbst das Sichtbare, Greifbare zur Illusion! Wir müssen ihn wichtiger nehmen als all das, was so überwichtig auf uns einstürmt Tag um Tag.

Johannes selbst blieb das Umdenken, das Umkehren müssen nicht erspart. Die Finsternis des Kerkers war nicht die furchtbarste Finsternis. Seine eigentliche Finsternis war das, was Martin Buber „Gottesfinsternis“ nennt: Die jähe Ungewissheit über seine Sendung und über den, für den er Wegbereiter war. Denken wir an die selige Mutter Teresa von Kalkutta.

Johannes der Täufer hatte in Worten voll flammender Gewalt das Kommen des Richters prophezeit und den großen Tag des Herrn in feurigen Farben gemalt. Er hatte den Messias geschildert als den Richter, der die Wurfschaufel in der Hand hält, um Spreu und Weizen zu sieben und die Spreu endgültig ins ewige Feuer zu werfen.

Er hatte ihn geschildert als den, der dies ehebrecherische Geschlecht verwirft und sich, wenn nötig, aus Steinen Kinder Abrahams erweckt. Als den, der schon das Beil an die Wurzel der Menschheit gesetzt hat, um den Baum zu fällen.

Er hatte vor allem inmitten der furchtbaren Zweideutigkeit dieser Welt, in der wir immer wieder im Finstern harren und hoffen, die Eindeutigkeit erhofft und verkündet: dass endlich der Tag kommen werde, wo dies aussichtslose Dunkel zerbricht.

Inzwischen war der gekommen, auf den sein prophetischer Finger im Auftrag Gottes deuten musste: »Seht das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt!« Die Anwesenheit Gottes hatte begonnen. Aber wie anders, als er sich das gedacht hatte! Es fiel kein Feuer vom Himmel, um die Sünder zu verzehren und den Gerechten als endgültige Beglaubigung zu dienen. Es änderte sich scheinbar überhaupt nichts in der Welt.

Dies Ganz-Andere an Jesus war es offensichtlich, was ihn in den langen Nächten seines Kerkers am tiefsten quälte. Dies Bestehen bleiben der Gottesfinsternis. Aus dieser Not lässt er fragen: „Bist Du es, der da kommen soll, oder müssen wir weiter warten?“

„Selig, wer sich an mir nicht ärgert.“ Das heißt: Man kann sich ärgern an ihm. Selig also, wer aufhört, Zeichen zu fordern und letzte Gewissheit. Selig, wer sich durchfindet, glaubend und liebend seinen Weg zu gehen. Selig zu werden in dieser fraglosen Übernahme des Willens Gottes. „Selig, wer sich an mir nicht ärgert.“

So gewinnt dann auch das andere Wort des Täufers, sein größtes Wort, erst vollen Klang: „Er muss wachsen, ich muss abnehmen.“ Wir werden Gott erkennen in dem Maß, in dem wir frei werden von uns selbst.

Wir werden Gott erkennen in dem Maß, in dem wir seiner Anwesenheit Raum geben – wie Maria und Johannes im Blick auf Christus. Jesus will jeden von uns im Feuer seines Geistes verwandeln. Gehen wir mit ihnen diesen Pilgerweg, diesen Wüstenweg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.

Ich möchte enden mit einem kurzen Wort aus der Enzyklika Spe salvi von Papst Benedikt.
„Menschliches Leben bedeutet Unterwegssein. Zu welchem Ziel? Wie finden wir die Straße des Lebens? Es erscheint wie eine Fahrt auf dem oft dunklen und stürmischen Meer der Geschichte, auf der wir Ausschau halten nach den Gestirnen, die uns den Weg zeigen.
Die wahren Sternbilder unseres Lebens sind die Menschen, die recht zu leben wussten. Sie sind Lichter der Hoffnung. Gewiss, Jesus Christus ist das Licht selber, die Sonne, die über allen Dunkelheiten der Geschichte aufgegangen ist.
Aber wir brauchen, um zu ihm zu finden, auch die nahen Lichter – die Menschen, die Licht von seinem Licht schenken und so Orientierung bieten auf unserer Fahrt. Und welcher Mensch könnte uns mehr als Maria Stern der Hoffnung sein – sie, die mit ihrem Ja Gott selbst die Tür geöffnet hat in unsere Welt; sie, die zur lebendigen Bundeslade wurde, in der Gott Fleisch annahm, einer von uns geworden ist, unter uns ,,zeltete’’ (vgl. Joh 1,14)?

Mit einem Hymnus aus dem 8./9. Jahrhundert grüßt die Kirche seit mehr als 1000 Jahren Maria, die Mutter des Herrn, als „Meeresstern“: Ave maris stella. Menschliches Leben bedeutet Unterwegssein. Zu welchem Ziel? Wie finden wir die Straße des Lebens? Es erscheint wie eine Fahrt auf dem oft dunklen und stürmischen Meer der Geschichte, in der wir Ausschau halten nach den Gestirnen, die uns den Weg zeigen.“

Maria, die Gottesmutter und Johannes der Täufer zeigen uns den Weg zu Christus. Von ihm, der Mitte ihres Lebens, empfangen sie ihr Licht. Er ist die Sonne unseres Lebens. Er kam in diese Welt, damit auch wir sein Licht und seine Liebe weitergeben.

(rv 03.12.2011 ord)








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