Die aufsehenerregenden
Hausdurchsuchungen beim ehemaligen Brüsseler Erzbischof und Kardinal Godfried Danneels
vom Juni 2010 sind für unrechtmäßig erklärt worden. Das zuständige Gericht in Brüssel
erklärte am Dienstag, die beschlagnahmten Unterlagen, die in Zusammenhang mit Ermittlungen
zu Kindesmissbrauch sichergestellt wurden, seien zurückzugeben und dürften nicht von
der Justiz verwendet werden. Der Anwalt des Kardinals und des Erzbistums, Fernand
Keulenaar, äußerte sich im Gespräch mit Radio Vatikan sehr zufrieden mit diesem Beschluss.
„Selbstverständlich
bin ich zufrieden. Denn das Gericht bestätigt unsere Haltung, dass nämlich die Hausdurchsuchungen
im Erzbistum Brüssel-Mechelen übertrieben waren. Kardinal Danneels hatte und hat auch
weiterhin nichts gegen solche Hausdurchsuchungen, aber sie müssen gemäß der gesetzlichen
Bestimmungen durchgeführt werden.“
Eine Anwältin von Missbrauchsopfern
erklärte dagegen, die Suche nach Aufklärung werde jetzt erschwert. Bei der Razzia
wurden der Sitz des Erzbistums Mechelen-Brüssel, die Wohnung des belgischen Kardinals
Godfried Danneels und die Sint-Rombouts-Kathedrale in Mechelen durchsucht. Anwalt
Keulenaar:
„Das Gericht hat nun auch festgehalten, dass die Staatsanwaltschaft
gar keine Elemente hatte, um davon auszugehen, dass eine solche Hausdurchsuchung nötig
sei. Um die Fälle aufzuklären, braucht es aber konkrete Vorwürfe und die fehlten.“
Die Behörden konfiszierten damals zahlreiche Akten und Computer und nahmen
den versammelten Bischöfen und Kirchenvertretern die Handys ab. Papst Benedikt XVI.
und die Spitze der Belgischen Bischofskonferenz äußerten sich „verwundert“ über das
Vorgehen.
„Der Staat hat das Recht und die Pflicht, Untersuchungen
durchzuführen. Um das geht es aber in diesem Fall ja gar nicht. Die Behörden wollten
ein Exempel statuieren. Sie haben nicht professionell gehandelt.“
Die
unabhängige Missbrauchs-Untersuchungskommission trat nach den Hausdurchsuchungen zurück,
weil ihre sämtlichen Opferakten beschlagnahmt wurden. Die Kommission sah darin einen
Verstoß gegen die den Opfern zugesagte Vertraulichkeit. Belgien war seit Ende April
2010 von einer Debatte über Kindesmissbrauch durch Geistliche erschüttert worden.
Ausgelöst wurde sie durch den Rücktritt von Bischof Roger Vangheluwe von Brügge, der
gestand, einen Neffen missbraucht zu haben.