2011-12-01 15:06:11

Ägypten: Gießt Militärregime Öl ins Feuer?


RealAudioMP3 Gießt das Militärregime in Ägypten Öl ins Feuer der Unruhen, die das Land seit Sturz des alten Regimes erschüttern? Das halten inzwischen verschiedene Beobachter durchaus für möglich. Das Militärregime in Ägypten spekuliert auf das Sicherheitsbedürfnis der Ägypter, meint Max Klingberg von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Für ihn ist es nicht nur abwegig, dass die jüngsten Schlägereien in Kairo zwischen regimekritischen Demonstranten und Unruhestiftern von den aktuellen Machthabern des Landes angestachelt wurden. 80 Menschen wurden dabei verletzt. Klingberg:

„Letztlich ist spekulativ, wer das ist, aber alle Beobachter vor Ort gehen davon aus, dass es – wie auch früher – bezahlte Schläger des Regimes gewesen sind. Früher waren diese Leute direkt auf den Gehaltslisten von Mubarak, des Innenministeriums und des Geheimdienstes. Und heute vermutet man, dass die gleichen Leute von den gleichen Institutionen letztendlich eingesetzt werden vom Militär. Das Militär hat ein großes Interesse daran, einflussreich oder sogar alleinherrschend zu sein. Das kann es nur, wenn es seine Macht rechtfertigt – und zwar mit der ,Sicherheitskarte‘.“

Die Ägypter sehnten sich nach Ruhe, Ordnung und einem normalen Leben. Das Land sei wirtschaftlich am Boden, denn eine der wichtigsten Stützen der ägyptischen Wirtschaft – der Tourismus – liege völlig darnieder, so Klingberg. Viele Ägypter litten deshalb „bitterste Armut“. Bei den laufenden Parlamentswahlen, die als die ersten freien Wahlen in Ägypten überhaupt gelten, liegen die Muslimbrüder mit 40 Prozent der Stimmen derzeit vorn. Allerdings wurde erst in sechs der insgesamt 27 Verwaltungsbezirke gewählt.

Kann man angesichts der immer wieder aufflammenden Gewalt und insgesamt unübersichtlichen Machtverteilung in dem Land tatsächlich von einem ordnungsgemäßen und demokratischen Ablauf der Wahlen ausgehen? „Der Hintergrund dieser Wahlen sei „kompliziert“, so Klingberg, der auch darauf eingeht, warum in Etappen gewählt wird:

„Der Grund für diese Etappenwahl ist, dass die Wahlen beobachtet werden von ägyptischen Richtern und die Zahl dieser zu Verfügung stehenden Richter einfach unzureichend ist für die Zahl der Wahllokale. Bisher gibt es keine Berichte von Manipulationen und Wahlfälschung. Wir hoffen, dass das so bleibt, man wird mehr wissen, wenn im Januar die letzte Wahl gewesen ist und das Ergebnis verkündet wird. Was alle annehmen ist, dass diese vermutlich demokratische Wahl die Islamisten an die Macht bringen wird, zumindest ihnen die Mehrheit im Parlament geben wird.“

Eine wirkliche Neuerung wäre das nicht, denn Ägypten habe in den vergangenen 20 bis 30 Jahren eine sehr starke Islamisierung gesehen, so Klingenberg:

„Der Islam ist in Ägypten in den vergangenen Jahren immer präsenter und wichtiger in der ägyptischen Gesellschaft geworden. Einer der Faktoren ist vermutlich der Einfluss Saudi-Arabiens. Es gibt da zum Beispiel Radiosender, die nach Ägypten hochgradig extremistische Inhalte ausstrahlen. Es gibt und gab auch sehr viele ägyptische Gastarbeiter in Saudi-Arabien, die nach Ägypten extremistisches Gedankengut mitbrachten... Also, so islamisch wie heute war Ägypten seit Jahrzehnten nicht.“

(radio horeb 01.12.2011 pr)









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