Die Gewalt in Syrien
hält an. In den vergangenen Tagen sind erneut mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen,
darunter ein 14-Jähriger, berichten Menschenrechtsaktivisten. Zusätzlich gehen in
dieser Situation vermittelnde Stimmen offenbar mehr und mehr unter: So besteht die
Gefahr, dass der Jesuitenpater Paolo dall’Oglio aus Syrien ausgewiesen wird. Der Gründer
der monastischen Gemeinschaft von Deir Mar Musa al-Habashi, die sich vor allem dem
Dialog zwischen Muslimen und Christen widmet, hat sich in jüngster Zeit auch im Dialog
zwischen den politischen Konfliktparteien engagiert. Die Ausweisung geschehe auf Befehl
aus Damaskus, gibt Pater dall’Oglio im Gespräch mit Radio Vatikan an. Im Augenblick
kümmere sich der zuständige Bischof um die Angelegenheit:
„Ich schlage dem
Bischof vor, und das habe ich auch den syrischen Autoritäten mitgeteilt, dass ich
eine Zeit der Meditation unternehme und mich mehr meinen spirituellen und weniger
den kulturellen und politischen Aufgaben widme – dafür aber in Syrien bleiben kann.
Eben deswegen, weil ich geistliche und klösterliche Verpflichtungen hier habe gegenüber
den Menschen, und die sind das Wichtigste für uns. Ich hoffe, dass meine Bitte um
Bleibeerlaubnis gehört wird und dass ich nicht gezwungen werde, den Platz, den ich
als Ort meiner Sendung und Aufgabe betrachte, das Heimatland meiner Wahl, verlassen
zu müssen!“
Seit 30 Jahren ist Pater dall’Oglio in Syrien. Die von ihm
gegründete monastische Gemeinschaft habe sich vor allem das harmonische christlich-
islamische Zusammenleben auf die Fahnen geschrieben, erklärt der Jesuit. Etwa 20 Personen
gehören zur Gemeinschaft, alle studieren Arabisch, das orientalische Christentum und
den Islam.
„Während der jüngsten, schmerzvollen Krise haben wir uns vor
allem um die Meinungsfreiheit, die Gewissensfreiheit und die Freiheit des Wortes bemüht.
Schon seit vielen Jahren kooperieren wir mit Anderen und setzen uns für die allmähliche
Verwirklichung einer gereiften Demokratie und gegen den Ausnahmezustand in der Zivilgesellschaft
ein. Wir wollen einen Dialog, der die nationale Einheit garantiert, der die Unterschiede
schützt, der die Eigenheiten wertschätzt, und keine Demokratie, in der eine Gruppe
die anderen Gruppen beherrscht.“
Das Ziel müsse sein, das Leiden der Menschen
möglichst zu vermeiden, ebenso den Hass zwischen den Gruppen und das Prinzip der Vergeltung.
Dazu brauche es aber noch mehr Dialog, so dall’Oglio weiter:
„Der Dialog
ist im Augenblick dürfig. Diese Erstarrung führt auf eine Tragödie zu! Wer auch immer
in dieser Situation ,gewinnt‘, es wäre eine Tragödie. Wir wollen deshalb nicht, dass
jemand ,siegt‘. Wir wollen nur, dass die Einheit siegt!“