Die Grünen haben eine weitgehende Abschaffung des eigenständigen Arbeits- und Tarifrechts
der Kirchen gefordert. Sie sprachen sich am Wochenende bei ihrem Parteitag in Kiel
dafür aus, den so genannten Dritten Weg mit seinem Streik- und Aussperrungsverbot
in Diakonie und Caritas außerhalb des „engeren Bereichs der Verkündigung“ abzuschaffen
und hierüber einen Dialog mit den Kirchen zu führen. Die beiden großen Kirchen reagierten
mit Kritik. Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Karl Jüsten,
sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur am Sonntag, der Dritte Weg habe sich bewährt.
Bisher hätten Dienstgeber und Mitarbeiter insgesamt in großem Einvernehmen tragfähige
Regelungen im kirchlichen Tarif- und Arbeitsrecht gefunden. Auch der EKD-Beauftragte
bei der Bundesregierung, Bernhard Felmberg, zeigte sich verwundert über das Vorgehen
der Grünen. „Ich finde es interessant, dass die Grünen einen Dialog mit den Kirchen
erst dann führen wollen, wenn sie einen eindeutigen Beschluss schon gefasst haben“,
sagte er der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „Die Welt“.
Hintergrund Beim
so genannten Dritten Weg handelt es sich um eine konsensorientierte Suche nach einem
Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Bereich der Kirchen.
Das Betriebsverfassungsgesetz und die Möglichkeiten von Streiks und Aussperrung gelten
für die Kirchen nicht. Alle Fragen des Tarifrechts werden durch paritätisch aus Dienstgebern
und Dienstnehmern besetzte Kommissionen geregelt. Während ein Streik von den gewerkschaftlich
organisierten Arbeitnehmern ausgerufen wird, verweigert der Arbeitgeber bei der Aussperrung
Arbeitnehmern den Zutritt zu ihrer Arbeitsstätte. Streik und Aussperrung dienen als
Druckmittel im Arbeitskampf.