Der Münchner Kardinal
Reinhard Marx warnt vor falschen Folgerungen aus der beschlossenen Trennung der katholischen
Kirche von der Verlagsgruppe Weltbild. Das sei „kein Signal, dass wir uns aus der
Öffentlichkeit zurückziehen wollen“, betonte Marx am Mittwoch in München. Die Kirche
werde keine Zukunft haben, wenn sie nicht immer wieder neu Kommunikation in Gang setze.
Die Deutsche Bischofskonferenz will nun eine medienethische Arbeitsgruppe einrichten.
Das Gremium soll sich aus Journalisten, Wissenschaftlern und Medienrechtlern zusammensetzen
und die Publizistische Kommission der Bischofskonferenz unterstützen, so der Vorsitzende
der Kommission, der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst.
Martin Wilde ist der
Geschäftsführer des „Bundes Katholischer Unternehmer“, kurz BKU. Er sagte dem Kölner
Domradio:
„Das ist ein ganz schwieriger Abwägungsprozess, den die Bischöfe
da vornehmen mussten. Vielleicht muss man zum Sachverhalt noch einmal sagen: Es ist
das Kernproblem, dass die Internetseite des Weltbild-Verlages eben Zugriff nimmt auf
das so genannte Verzeichnis Lieferbarer Bücher. Dieses Verzeichnis umfasst alle Titel,
die in Deutschland im Buchhandel erhältlich sind. Nun hat der Verlag schon versucht,
da Filter einzubauen, um sozusagen Auswüchse zu begrenzen, aber das ist, glaube ich,
nur sehr begrenzt möglich, selbst wenn man das mit hohem Aufwand betreibt. Insofern
stand wahrscheinlich die Bischofskonferenz vor der Entscheidung: Entweder ganz verkaufen
oder bestimmte Grauzonen in Kauf nehmen.“
Die Kirche trennt sich mit dem
geplanten Verkauf des Weltbild-Verlags von einem der größten deutschen Medienhändler
überhaupt – damit gibt sie natürlich einen Konzern aus der Hand, den sie auch für
ihre Ziele hätte einsetzen können.
„Das ist ein ganz großer Verlust der
Präsenz der Kirche in der Gesellschaft. Die Abwägungsprozesse kennen wir auch aus
dem ethischen Investment, das ja auch die Kirchenbanken sehr stark betreiben. Da gibt
es ja auch so genannte Ethikfilter. Beispiel Rüstungsindustrie: Wenn man sagt, wir
wollen überhaupt keine Rüstungsindustrie, dann wird man nur noch relativ wenige große
Unternehmen finden, in die man überhaupt investieren kann, weil viele natürlich irgendwie
– direkt oder indirekt – mit der Rüstungsindustrie verbunden sind. In der Regel sagt
man dann im ethischen Investment: Okay, bis zu fünf Prozent kann ein Unternehmen noch
an solchen Dingen beteiligt sein, so dass wir das noch als ethisch einstufen. Also,
wir haben ständig diesen Abwägungsprozess: Will ich hunderprozentig lupenrein sein,
oder will ich auch eine gewisse Präsenz haben?“
Was die Verlagsgruppe Weltbild
angeht, haben die Bischöfe nun eine eindeutige Variante gewählt.
Der Verkauf
des Verlags wird nach Einschätzung des Vorsitzenden der Weltbild-Geschäftsführung,
Carel Halff, voraussichtlich erst 2013 erfolgen. „Fachleute rechnen bei Unternehmen
dieser Größe mit einer Prozessdauer nicht unter 18 bis 24 Monaten“, sagte Halff der
„Augsburger Allgemeinen“. „Bei einem Umsatz von 1,7 Milliarden Euro im Jahr geht ein
Verkauf nicht so schnell.“ Halff sagte auch, er könne den Verkaufsbeschluss der Kirche
nachvollziehen. Das Buchgeschäft, wie es heute betrieben werde, lasse sich nicht komplett
mit deren Grundhaltung in Übereinstimmung bringen. Die Vollversammlung des Verbandes
der Diözesen Deutschlands (VDD) hatte sich am Montag in Würzburg mit der Weltbild
GmbH befasst. Der VDD hält 24,2 Prozent der Anteile an der Verlagsgruppe. Die Verlagsgruppe
Weltbild ging aus dem 1948 gegründeten katholischen Zeitschriftenverlag Winfried-Werk
GmbH hervor.