2011-11-17 16:25:26

Nuntiatur-Sekretär in Cotonou: „Die Kirche hier ist jung“


RealAudioMP3 Frisch von der vatikanischen Diplomatenakademie in Rom und direkt nach Benin: Der junge Priester Daniel Pacho aus dem Bistum Fulda ist seit drei Monaten Sekretär der Apostolischen Nuntiatur in Cotonou. Seit seinem Amtsantritt bereitet der Deutsche den Besuch seines päpstlichen Landsmannes in Benin vor. Gudrun Sailer sprach mit dem Diplomaten und fragte ihn zunächst, wie er als europäischer Priester die junge Kirche Benins wahrnimmt.


„Es ist eine spannende Erfahrung, eine Kirche kennenzulernen, die erst vor 150 Jahren gegründet wurde. Hier kann es einem passieren, dass man sich während der Bischofskonferenz mit einem der Sekretäre unterhält und erfährt, dass er erst mit 20 Jahren getauft wurde. Und man erfährt dann, dass er 20 war, als ein Missionar in sein Dorf kam, um die Frohe Botschaft zu bringen. Man spürt eine große Begeisterung und große Offenheit für die christliche Botschaft – diese wird mit offenem Herzen aufgenommen, aber man sieht natürlich, dass die Kirche noch sehr jung ist. Sie befindet sich im Übergang von den Strukturen einer missionarischen Kirche, wo überwiegend Missionare durch die Lande ziehen, hin zu einer sich stabilisierenden Kirche, in der kirchliche Strukturen entstehen – Bistümer, Pfarreien – und langsam Gestalt annehmen.“


Eine der großen Herausforderungen für die Evangelisierung in Benin heute sind die Natur- und Stammesreligionen, Hexerei, Magie, Stichwort: Voodoo. Damit sind grausame Praktiken verbunden, bis hin zum Menschenopfer. Bekommt man als Europäer, überdies Priester, in irgendeiner Weise Einblick in solche Traditionen?


„Es gab einige Berührungspunkte mit der Tradition, wie es hier genannt wird. Man muss sich klar machen, dass es immer eine Mischung ist aus traditionellen kulturellen und religiösen Elementen des Landes. Es gibt nicht eine bestimmte Tradition, sondern verschiedene Volksstämme, mehrere Sprachen. Es ist richtig, dass diese kulturellen und religiösen Prägungen auch noch Spuren hinterlassen, die Menschen prägen und auch ihren Glauben, ihr ,Katholisch-Sein‘ prägen. Mir hilft es immer, mir bewusst zu machen, wie jung diese Kirche ist. Auch in unseren Breitengraden brauchte das Christentum mehrere Generationen, um auch die Kultur zu durchformen, zu prägen und den christlichen Geist einzuprägen.“


Sie sind seit drei Monaten Nuntiatursekretär in Benin und bereiten seither vorrangig den Papstbesuch vor. Was konkret hat Sie da am meisten beschäftigt?


„Ein Großteil der theoretischen Vorbereitung war erledigt, als ich kam, aber die Aufgabe der Nuntiatur ist es vor allem, zwischen der Bischofskonferenz und dem Heiligen Stuhl zu vermitteln, Absprachen zu organisieren und den Kontakt zur Regierung herzustellen, denn es handelt sich ja auch um eine offizielle Einladung des Präsidenten und des Landes.“


Gibt es da auch kulturelle Differenzen, an die Sie sich als Europäer erst gewöhnen müssen?


„Was mich etwas überrascht und etwas auf dem falschen Fuß erwischt hat, war das erste Geschenk an den Heiligen Vater, das man in die Nuntiatur gebracht hat! Es handelte sich um einen lebenden Ziegenbock. Wir hatten einige Schwierigkeiten, ihn zu archivieren und so abzulegen, wie wir das normalerweise mit Geschenken tun...!
Nachdem wir Instruktionen in Rom angefragt haben, hat man uns gesagt, dass es bereits eine Prozedur für diese Art von Geschenken gibt, dass sie nicht mit dem Flugzeug nach Rom gebracht werden und dort die Vatikanischen Gärten zieren, sondern dass es gute Praxis ist, dass sie im Land bleiben und an kirchliche Einrichtungen gegeben werden. Wir haben an ein Waisenhaus gedacht.“


Ein Geschenk, das sicherlich aus dem vollen Herzen kommt und Gastfreundschaft ausdrückt! Ich erinnere mich an diverse Papstreisen nach Europa, wo dem Papst keineswegs große Herzlichkeit entgegenschlug. Inwiefern ist das in einem Land wie Benin anders?


„Es ist eine sehr schöne Erfahrung, die man in diesem Land machen kann, dass man eine große Offenheit für den Papst und die Kirche erlebt, auch unter Andersgläubigen. Etwa im Rahmen der Vorbereitung auf den Papstbesuch haben wir immer wieder mit Muslimen zu tun gehabt, die in großer Ehrfurcht und mit großer Freude und Engagement diesen Besuch vorbereitet haben. Ich war noch gestern einkaufen in einem Laden, da kam der Chef – ich weiß nicht, ob er Christ ist – und hat mich gefragt, ob die Einkäufe etwas mit dem Papst zu tun haben. Ich sagte, ja, ich arbeite in der Nuntiatur. Und ich bin aus dem Laden gegangen, ohne zu bezahlen – er hat es mir geschenkt. Das ist ein kleines Beispiel dafür, mit welcher Begeisterung die ganze Bevölkerung den Papst erwartet.“


Welche Rolle spielt die Kirche in Benin heute im demokratischen Prozess und in der Friedensarbeit?


„Die Kirche hat in der Geschichte der Republik Benin eine ganz entscheidende Rolle gespielt, weil bedeutende Persönlichkeiten, Erzbischof de Souza und Kardinal Gantin 1990 während der Nationalkonferenz eine wichtige Rolle gespielt haben, indem sie vermitteln konnten zwischen den Volksstämmen. Und das bringt der Kirche heute noch eine große Stellung ein, die weit hinausgeht über die prozentuale Anwesenheit der katholischen Kirche im Land – die liegt bei etwa 25 Prozent. Heute ist die Kirche anerkannt besonders auch für ihr soziales Engagement, die Arbeit, die wir kennengelernt haben im Bereich Erziehung, Krankenhäuser, Sozialstationen, all das was die Weltkirche auch beiträgt, um diesem Land zu helfen.“


Papst Benedikt wird den afrikanischen Bischöfen in Benin sein postsynodales Schreiben der Afrika-Bischofssynode übergeben. Es ist eine Botschaft an ganz Afrika. Kann man absehen, was da drinsteht?


„Die Synode war von großer Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit geprägt. Vielleicht war es einer der wenigen Momente, in denen viele afrikanische Bischöfe, die in Afrika viele Menschen kennen und in Verantwortung stehen, offen miteinander in den Austausch getreten sind darüber, wo die Stärken und die Schwächen dieses Kontinents liegen. Und oftmals ist das nach meiner Einschätzung schon ein ganz entscheidender Schritt, einfach zu benennen, wo die Schwierigkeiten liegen. Sie sprachen die Leitthemen der Synode an: das Stichwort Versöhnung; dass einfach das Bewusstsein da ist, wir haben Versöhnung nötig, und die Versöhnung können wir nicht allein mit menschlichen Mitteln leisten, sondern wir bedürfen der Gnade Gottes, die uns hilft, um dem Bruder zu verzeihen, um diesem Kontinent Frieden und Gerechtigkeit zu verschaffen.“


(rv 16.11.2011 gs)








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