Nuntiatur-Sekretär in Cotonou: „Die Kirche hier ist jung“
Frisch von der vatikanischen
Diplomatenakademie in Rom und direkt nach Benin: Der junge Priester Daniel Pacho aus
dem Bistum Fulda ist seit drei Monaten Sekretär der Apostolischen Nuntiatur in Cotonou.
Seit seinem Amtsantritt bereitet der Deutsche den Besuch seines päpstlichen Landsmannes
in Benin vor. Gudrun Sailer sprach mit dem Diplomaten und fragte ihn zunächst, wie
er als europäischer Priester die junge Kirche Benins wahrnimmt.
„Es
ist eine spannende Erfahrung, eine Kirche kennenzulernen, die erst vor 150 Jahren
gegründet wurde. Hier kann es einem passieren, dass man sich während der Bischofskonferenz
mit einem der Sekretäre unterhält und erfährt, dass er erst mit 20 Jahren getauft
wurde. Und man erfährt dann, dass er 20 war, als ein Missionar in sein Dorf kam, um
die Frohe Botschaft zu bringen. Man spürt eine große Begeisterung und große Offenheit
für die christliche Botschaft – diese wird mit offenem Herzen aufgenommen, aber man
sieht natürlich, dass die Kirche noch sehr jung ist. Sie befindet sich im Übergang
von den Strukturen einer missionarischen Kirche, wo überwiegend Missionare durch die
Lande ziehen, hin zu einer sich stabilisierenden Kirche, in der kirchliche Strukturen
entstehen – Bistümer, Pfarreien – und langsam Gestalt annehmen.“
Eine
der großen Herausforderungen für die Evangelisierung in Benin heute sind die Natur-
und Stammesreligionen, Hexerei, Magie, Stichwort: Voodoo. Damit sind grausame Praktiken
verbunden, bis hin zum Menschenopfer. Bekommt man als Europäer, überdies Priester,
in irgendeiner Weise Einblick in solche Traditionen?
„Es gab einige
Berührungspunkte mit der Tradition, wie es hier genannt wird. Man muss sich klar machen,
dass es immer eine Mischung ist aus traditionellen kulturellen und religiösen Elementen
des Landes. Es gibt nicht eine bestimmte Tradition, sondern verschiedene Volksstämme,
mehrere Sprachen. Es ist richtig, dass diese kulturellen und religiösen Prägungen
auch noch Spuren hinterlassen, die Menschen prägen und auch ihren Glauben, ihr ,Katholisch-Sein‘
prägen. Mir hilft es immer, mir bewusst zu machen, wie jung diese Kirche ist. Auch
in unseren Breitengraden brauchte das Christentum mehrere Generationen, um auch die
Kultur zu durchformen, zu prägen und den christlichen Geist einzuprägen.“
Sie
sind seit drei Monaten Nuntiatursekretär in Benin und bereiten seither vorrangig den
Papstbesuch vor. Was konkret hat Sie da am meisten beschäftigt?
„Ein
Großteil der theoretischen Vorbereitung war erledigt, als ich kam, aber die Aufgabe
der Nuntiatur ist es vor allem, zwischen der Bischofskonferenz und dem Heiligen Stuhl
zu vermitteln, Absprachen zu organisieren und den Kontakt zur Regierung herzustellen,
denn es handelt sich ja auch um eine offizielle Einladung des Präsidenten und des
Landes.“
Gibt es da auch kulturelle Differenzen, an die Sie sich als
Europäer erst gewöhnen müssen?
„Was mich etwas überrascht und etwas
auf dem falschen Fuß erwischt hat, war das erste Geschenk an den Heiligen Vater, das
man in die Nuntiatur gebracht hat! Es handelte sich um einen lebenden Ziegenbock.
Wir hatten einige Schwierigkeiten, ihn zu archivieren und so abzulegen, wie wir das
normalerweise mit Geschenken tun...! Nachdem wir Instruktionen in Rom angefragt
haben, hat man uns gesagt, dass es bereits eine Prozedur für diese Art von Geschenken
gibt, dass sie nicht mit dem Flugzeug nach Rom gebracht werden und dort die Vatikanischen
Gärten zieren, sondern dass es gute Praxis ist, dass sie im Land bleiben und an kirchliche
Einrichtungen gegeben werden. Wir haben an ein Waisenhaus gedacht.“
Ein
Geschenk, das sicherlich aus dem vollen Herzen kommt und Gastfreundschaft ausdrückt!
Ich erinnere mich an diverse Papstreisen nach Europa, wo dem Papst keineswegs große
Herzlichkeit entgegenschlug. Inwiefern ist das in einem Land wie Benin anders?
„Es
ist eine sehr schöne Erfahrung, die man in diesem Land machen kann, dass man eine
große Offenheit für den Papst und die Kirche erlebt, auch unter Andersgläubigen. Etwa
im Rahmen der Vorbereitung auf den Papstbesuch haben wir immer wieder mit Muslimen
zu tun gehabt, die in großer Ehrfurcht und mit großer Freude und Engagement diesen
Besuch vorbereitet haben. Ich war noch gestern einkaufen in einem Laden, da kam der
Chef – ich weiß nicht, ob er Christ ist – und hat mich gefragt, ob die Einkäufe etwas
mit dem Papst zu tun haben. Ich sagte, ja, ich arbeite in der Nuntiatur. Und ich bin
aus dem Laden gegangen, ohne zu bezahlen – er hat es mir geschenkt. Das ist ein kleines
Beispiel dafür, mit welcher Begeisterung die ganze Bevölkerung den Papst erwartet.“
Welche
Rolle spielt die Kirche in Benin heute im demokratischen Prozess und in der Friedensarbeit?
„Die
Kirche hat in der Geschichte der Republik Benin eine ganz entscheidende Rolle gespielt,
weil bedeutende Persönlichkeiten, Erzbischof de Souza und Kardinal Gantin 1990 während
der Nationalkonferenz eine wichtige Rolle gespielt haben, indem sie vermitteln konnten
zwischen den Volksstämmen. Und das bringt der Kirche heute noch eine große Stellung
ein, die weit hinausgeht über die prozentuale Anwesenheit der katholischen Kirche
im Land – die liegt bei etwa 25 Prozent. Heute ist die Kirche anerkannt besonders
auch für ihr soziales Engagement, die Arbeit, die wir kennengelernt haben im Bereich
Erziehung, Krankenhäuser, Sozialstationen, all das was die Weltkirche auch beiträgt,
um diesem Land zu helfen.“
Papst Benedikt wird den afrikanischen Bischöfen
in Benin sein postsynodales Schreiben der Afrika-Bischofssynode übergeben. Es ist
eine Botschaft an ganz Afrika. Kann man absehen, was da drinsteht?
„Die
Synode war von großer Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit geprägt. Vielleicht war es einer
der wenigen Momente, in denen viele afrikanische Bischöfe, die in Afrika viele Menschen
kennen und in Verantwortung stehen, offen miteinander in den Austausch getreten sind
darüber, wo die Stärken und die Schwächen dieses Kontinents liegen. Und oftmals ist
das nach meiner Einschätzung schon ein ganz entscheidender Schritt, einfach zu benennen,
wo die Schwierigkeiten liegen. Sie sprachen die Leitthemen der Synode an: das Stichwort
Versöhnung; dass einfach das Bewusstsein da ist, wir haben Versöhnung nötig, und die
Versöhnung können wir nicht allein mit menschlichen Mitteln leisten, sondern wir bedürfen
der Gnade Gottes, die uns hilft, um dem Bruder zu verzeihen, um diesem Kontinent Frieden
und Gerechtigkeit zu verschaffen.“