Kardinal Koch: Interview über seine Reise nach Minsk
Der vatikanische Ökumene-Verantwortliche,
Kardinal Kurt Koch, war vom 12. bis 16. November in Weißrussland. Eingeladen hatte
ihn der orthodoxe Metropolit von Minsk Filaret. Der aus der Schweiz stammende Kurienkardinal
besuchte aber natürlich auch die Katholiken im Land. Weißrussland ist nach Litauen
der Staat der früheren Sowjetunion mit der größten Prozentzahl von Katholiken. Am
Sonntag feierte Koch mit ihnen die Messe in Minsk.
„Es waren alle Bischöfe
anwesend, und die Kathedrale war sehr voll; auch viele Kinder waren da. Ich habe den
Eindruck, dass der Glaube und die Kirche auf katholischer Seite in diesen Gegenden
lebt und dass ein großes Bedürfnis da ist, den Glauben wieder in dieser neuen Situation
zu leben.“
Anlass der Reise war die siebte internationale Konferenz über
christliche ethische Werte in Europa, so Kardinal Koch im Gespräch mit Radio Vatikan
an diesem Donnerstag:
„Ich denke, das ist eine sehr sinnvolle Initiative
– vor allem, dass das ökumenisch gestaltet wird. Ich habe den Eindruck, dass die ökumenischen
Beziehungen sehr positiv und sehr tief sind. Das ist natürlich wesentlich das Verdienst
des orthodoxen Metropoliten Filaret, der ein sehr offener Mensch ist und ökumenisch
sehr viel unternimmt.“
Er habe viele Gespräche mit orthodoxen Theologen
geführt, auch mit einem orthodoxen Bischof aus der Ukraine. Es sei um die „gemeinsame
Sendung von Orthodoxen und Katholiken“ gegangen „und ihre Verantwortung in der heutigen
Gesellschaft“. Aber nicht um das orthodoxe Konzil – das erste seit über tausend Jahren
–, um dessen Organisation sich vor allem der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I.
bemüht:
„Von diesem pan-orthodoxen Konzil war nicht die Rede, aber natürlich
steht das immer im Hintergrund, und im Grunde können wir Katholiken ja nur hoffen,
dass diese pan-orthodoxe Synode zustande kommen wird, weil das eine wesentliche Hilfe
auch für den Dialog sein wird.“
Der deutsche Ökumene-Experte Johannes Oeldemann,
der ebenfalls auf der Tagung in Minsk war, äußerte gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur
die Einschätzung, zu einem Treffen zwischen dem Papst und dem russisch-orthodoxen
Patriarchen Kyrill I. werde es „in absehbarer Zeit“ nicht kommen. Kardinal Koch erinnert
demgegenüber daran, dass er im letzten März mit Kyrill gesprochen habe:
„Ich
habe an sich den Eindruck gehabt, dass er einer solchen Begegnung positiv gegenübersteht
und dass die Situation sich sicher verbessert hat in den vergangenen Jahren. Er hat
aber auch klar gesagt, dass man noch nicht über Daten reden kann, weil es wichtiger
ist, dass eine solche Begegnung dann auch intensiv vorbereitet wird, statt schon irgendwelche
Daten in die Welt zu setzen.“
In Minsk hat sich der Kardinal auch mit dem
weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko getroffen:
„Also, die Einladung
kam von ihm – er wollte unbedingt eine Begegnung haben. Er hat dabei auch an seinen
Besuch hier im Vatikan bei Papst Benedikt erinnert, und er wollte einfach zum Ausdruck
bringen, dass ihm eine gute Beziehung mit den Kirchen – der katholischen, der orthodoxen,
mit der Ökumene – ein wichtiges Anliegen ist und dass er gern diesen Kontakt vertiefen
möchte.Er hat das auch zum Ausdruck gebracht, dass er auf mehr Hilfe aus dem
Vatikan setzt. Nun ist das natürlich eine gegenseitige Situation, und man muss die
Fragen sehr intensiv angehen, was das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Weißrussland
betrifft. Aber ich denke, in allererster Linie ist das zunächst eine Angelegenheit
der katholischen Bischöfe dort in diesem Land.“