Cotonou, die Wirtschaftsmetropole
Benins, ist in freudiger Erregung. Mit wem immer man spricht, alle freuen sich auf
den Gast aus Rom: „Er kommt zu uns allen“, sagt ein muslimischer Schuster am Straßenrand.
Vorbereitung auf den Papstbesuch, das heißt in Cotonou vor allem eines: Saubermachen.
Der aus Europa eingeflogene Reporter nimmt es weniger wahr, aber seit Wochen läuft
auf den Straßen eine beispiellose Reinigungsaktion. „Bei uns in Afrika empfängt man
Gäste nur in einem sauberen Umfeld, das ist ungeschriebenes Gesetz“, erklärt ein Sprecher
der Stadt, der für die Säuberung zuständig ist. Entlang der Hauptstraßen haben Putztrupps
aber nicht nur Berge von Abfall und Müll beseitigt, sondern auch die kleinen Händler
vertrieben, zum nicht geringen Leidwesen der Betroffenen. Andere wünschen sich, dass
die Putz-Aktion auch nach der Abreise des Papstes anhalten möge.
200 große
Plakate begrüßen den Papst in fünf verschiedenen Landessprachen; einige zeigen den
Mann in Weiß mit einem schwarzen Baby, andere mit Präsident Boni Yayi. Rund um die
öffentlichen Gebäude sind die Fahnen längst gehisst, Benins grün-gelb-rot flattert
Seite an Seite mit dem vatikanischen gelb-weiß. Unbeeindruckt davon ziehen tausendköpfige
Geschwader von Mopedfahrern vorbei, fast alle ohne Helm, einige mit Frau und Kind
im Tragetuch auf dem Sozius. Die Autos sind meist alt und verbeult, es zirkulieren
aber auch gewaltige Geländewagen. Die 110 Jahre alte Kathedrale „Notre-Dame-de-Miséricorde“
in der zentralen Wohngegend der Stadt trotzt dem Smog, sie ist frisch herausgeputzt,
ihr kräftiges rot-gelb-gestreiftes Design scheint italienische Vorbilder aus der Renaissance
aufzugreifen und afrikanisch zu interpretieren. Hier wird Benedikt XVI. den öffentlichen
Teil seines Besuchs beginnen, indem er der Kathedrale einen Besuch abstattet. Erzbischof
war von 1960 bis 1971 Kardinal Bernardin Gantin, der Vater der Nation.
Katholische
Gotteshäuser, Moscheen und Freikirchen sind im äußeren Straßenbild im Gleichgewicht.
Abseits der asphaltierten und einigermaßen gepflegten Hauptstraßen ist ein Gutteil
der Stadt aus Staub und Hütten zusammengesetzt. Einen Eindruck davon erhält der Papst,
wenn er Samstagnachmittag das Foyer „Friede und Freude“ der Mutter-Teresa-Schwestern
besucht. Die Missionarinnen der Nächstenliebe, darunter auch eine Italienerin, betreuen
hier unterernährte Waisenkinder.
Ein Taxi bringt die Reporter über die große
Küstenstraße „Rue internationale“, die bis in die Nachbarländer Ghana und Elfenbeinküste
reicht, ins 45 Kilometer entfernt gelegene Ouidah, das ist sozusagen die religiöse
Hauptstadt Benins. Zunächst geht es ins Priesterseminar, das größte in Westafrika,
fast 150 Studenten. Arbeiter mit großen Maschinen planieren die offensichtlich neue
Straße zum Seminar, die der Papst in wenigen Tagen mit dem Papamobil abfahren wird.
Das Seminar liegt etwas außerhalb der Stadt und ist eine ausgedehnte, sehr gepflegte
Anlage in einem Garten. Die Jeans und T-Shirts der Seminaristen, die vor jedem der
kleinen Appartements auf der Leine hängen, werden am Tag des hohen Besuches sicher
verschwunden sein. Zum Studium tragen die Priester-Lehrlinge cremefarbene Talare ,
in einem offenen Gebäude sind sie gerade damit beschäftigt, die Lieder für den Papstbesuch
einzustudieren. Sie sind mit Begeisterung am Werk, „es ist sehr aufregend, den Papst
zu sehen, er kommt ja nicht alle Tage nach Benin“, sagt einer, andere scheinen auch
eingeschüchtert, geben sich zugeknöpft, verweisen auf das Gebet zur Vorbereitung auf
den Besuch. Von außergewöhnlicher Schlichtheit ist das Grab von Kardinal Gantin in
der Kapelle; ein paar Marmorplatten, weiter nichts. Im ganzen Seminar ist alles auf
Hochglanz gebracht und frisch renoviert, es riecht nach Lack.
Ähnlich in der
Basilika von Ouidah, dort, wo der Papst sein postsynodales Schreiben unterzeichnen
wird. Es ist eine „basilica minor“, von Papst Johannes Paul II. dazu gemacht. Als
erste Kathedrale Westafrikas hat sie eine herausragende historische Bedeutung. In
Oudiah wurden in der Geschichte nicht nur Sklaven exportiert, sondern eben auch das
Christentum importiert. Schräg gegenüber der Basilika liegt ein Voodoo-Heiligtum,
der Tempel der Pythons, und auf der anderen Seite die Restaurant-Bar „Le Vatican“.
Man ist sich der Bedeutung des Ortes bewusst, erklärt ein Katholik, der so kurz vor
dem Papstbesuch noch rasch einen Blick auf die Basilika werfen und ein kurzes Gebet
sprechen wollte.
Zurück in Cotonou, im Stadion. Dutzende Arbeiter sind mit
dem Aufbau der Bühne beschäftigt. Hier feiert Papst Benedikt am Sonntag den feierlichen
Schlussgottesdienst, hier wird er den afrikanischen Bischöfen das postsynodale Schreiben
nach der Afrika-Bischofssynode überreichen, seine Botschaft an den Kontinent. Und
davor, am Freitag, findet an derselben Stelle ein großes Konzert statt, das der Botschaft
des Papstes gleichsam den Weg bereiten soll. Musik hat einen unvergleichlich hohen
Stellenwert in der Kultur und im Alltagsleben Afrikas, das wissen auch die Bischöfe,
die dieses Konzert veranstalten. Der Rasen des Stadions im fußballfreundlichen Benin
ist sehr gepflegt, die Arbeiter guter Laune. Ihr Chef ist eigens aus Nigeria angereist,
um den Aufbau zu überwachen. Benin freut sich auf den Papst und zählt auf seine Botschaft.