„Wir hoffen,
dass wir dieselben Rechte haben wie die anderen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wir wollen keine Privilegien, das einzige Privileg ist es, durch Gesetz und im Alltag
als gleichwertige Bürger anerkannt zu werden. Ich zahle Steuer, ich erfülle alle staatsbürgerlichen
Pflichten. Warum habe ich keine Rechte?“
Eine Stimme aus dem Nachbarland
Syriens, aus dem Irak. Der frühere syrisch-katholischer Erzbischof von Mossul, Casmoussa,
spricht gegenüber der Agentur Kathpress über die anhaltende Flucht der Christen, alltägliche
Schikanen und den Mangel an innerchristlicher Einigkeit.
„Seit acht Jahren
sind wir ohne stabile Regierung und ohne Ruhe. Jetzt sehen wir in Syrien dasselbe
passieren. Wenn in Syrien dasselbe passiert wie im Irak, wäre das eine Katastrophe.
Im Irak haben wir alles verloren. Es war eine ruhige Situation und unsere Beziehungen
zu den Muslimen waren normal, sie waren Nachbarn und Partner. Jetzt aber haben wir
Angst, vor allem. Fundamentalisten kontrollieren die Regierung in Bagdad. Wir haben
Angst, unser Land zu verlieren. Wir werden durch diese Umstände unter Druck gesetzt,
unser seit Jahrhunderten besiedeltes Land zu verlassen. Wir hoffen auf eine Regierung
für alle Iraker, nicht nur für einige Religionen oder Gemeinschaften wie im Augenblick.“
Casmoussa,
der als Erzbischof von Mossul 2005 von „Unbekannten" entführt wurde, erinnerte an
den Überfall vom Mai 2010 auf die Studentenbusse, die 1.200 christliche Studenten
aus den Kleinstädten und Dörfern in der Umgebung von Mossul zur Universität in die
Tigris-Metropole bringen sollten. Damals wurden vier Studenten getötet und mehr als
150 verletzt. In der Folge hätten es nur mehr 200 Studenten gewagt, weiterhin nach
Mossul zu fahren.
„Ohne Rechte und ohne Frieden verlassen viele Familien
und Menschen das Land. Es gibt zwei Arten von Emigration, interne – also Vertreibung
– und externe. Die externe ist weitaus größer. Viele leben jetzt in der Türkei, in
Syrien, in Jordanien oder im Libanon. Und sie warten darauf, in die USA, nach Schweden
oder Australien auswandern zu können. Und dann gibt es den anderen Teil: Diejenigen,
die die großen Städte Bagdad, Mossul oder Kirkuk verlassen, in Richtung Kurdistan
verlassen, weil es dort ruhiger ist. Ich bin sicher, dass ein großer Anteil von ihnen
auch daran denkt, das Land ganz zu verlassen.“
In dieser Situation brauche
es „den Druck der internationalen Gemeinschaft von außen ebenso wie eine starke christliche
Stimme der Christen im Irak selbst". Die internationale Gemeinschaft - allen voran
die Vereinten Nationen und die USA - rief Casmoussa dazu auf, bei diplomatischen Abkommen
mit dem Irak „nicht nur auf die ökonomische Seite zu blicken, sondern auch die Frage
der Menschenrechte im Auge zu behalten".
„Wir bitten die internationale
Gemeinschaft und die UNO, eine Kommission in den Irak zu schicken, die das Töten der
Priester und das Ausbomben von Kirchen untersuchen soll. Nicht nur für uns, sondern
auch für alle Menschen im Irak. Wir wissen nicht, wer für die vielen Überfälle verantwortlich
ist. Die Regierung in Bagdad hat keine eigene Untersuchung angestellt. Ich bin selber
gekidnappt worden und ich danke Gott und allen Helfern, dass ich wieder frei bin.
Wir wissen aber immer noch nicht, wer dafür verantwortlich ist.“