Kolumbien: Ex-Guerilla-Mitglied wird Bürgermeister von Bogotá
In Kolumbiens Hauptstadt
Bogotá hat der ehemalige Guerillero Gustavo Petro die Wahl zum Bürgermeister gewonnen.
Der 51-Jährige bekam am Sonntag rund 32 Prozent der Wählerstimmen. Der Oppositionsvertreter
will gegen die Mafia und für soziale Gerechtigkeit kämpfen.
Unter seine Vergangenheit
als Teil einer bewaffneten Untergrundgruppe hatte der Politiker schon früh einen klaren
Schlussstrich gezogen. In den 90er Jahren deckte er Verbindungen des damaligen Präsidenten
Álvaro Uribe zu terroristischen Paramilitärs auf, zuletzt bezog er Stellung gegen
korrupte Entwicklungen auch in der eigenen Oppositionspartei PDA. Das machte Petro
für die Wähler glaubwürdig. Der Erzbischof von Bogotá, Ruben Salazar, würdigt im Interview
mit Radio Vatikan Petros Wahl als „wichtigen Schritt für die nationale Versöhnung“.
„Denn wenn ein ehemaliger Guerillero Bürgermeister werden kann, heißt das,
dass Kolumbien ein demokratisches Land ist. Und wenn sich die Leute massiv an den
Wahlen beteiligen, heißt das auch, dass es ein lebendiges Land ist. Petros Wahl bedeutet
all dies.“
Kolumbiens Kirche hatte die Bürger dazu aufgerufen, sich an
der Wahl zu beteiligen, hatte sich aber, wie sich das gehört, einer direkten Wahlempfehlung
für den einen oder anderen Kandidaten enthalten. Erzbischof Salazar: „Wir haben
alle Bürger dazu aufgerufen, nach ihrem Gewissen zu wählen, und zwar den Kandidaten,
der ihrer Meinung geeigneter dazu ist, der komplizierten Lage des Landes Herr zu werden.
Ich denke, dieses Mal wurde unser Appell gehört, denn es wurde massenhaft gewählt
und man hat dem Druck gewalttätiger Gruppen widerstanden. Es war eine echte Gewissenswahl.“
Petros ehemalige Mitgliedschaft in der Guerillera-Bewegung „M-19“ ist
für den Erzbischof kein Grund zur Sorge: Der Politiker sei seit dreißig Jahren wieder
fest im zivilen Leben Kolumbiens verankert, versichert der Kirchenmann gegenüber Radio
Vatikan. Die Bewegung „Movimiento 19 de Abril“, kurz M-19, hatte sich als Reaktion
auf den Wahlbetrug bei der Präsidentschaftswahl am 19. April 1970 zunächst als politische
Bewegung gegründet und später einen bewaffneten Flügel hervorgebracht. Petro saß wegen
seiner Verwicklungen in die Gruppe im Gefängnis und war sogar zwischenzeitlich in
den Untergrund abgetaucht. In den 90er Jahren trat er in der Opposition in Erscheinung
und setzte seinen Kampf für Frieden und soziale Gerechtigkeit politisch fort. Für
Erzbischof Salazar sind Petros Ziele seitdem klar: „Petro ist ein Mann, der
eine profunde Erneuerung der Politik und auch der wirtschaftlichen Situation der kolumbianischen
Hauptstadt will. Wir erwarten, dass er gut regieren wird.“ „Gut regieren“ in
Bogotá heiße vor allem, jetzt die dringendsten Probleme der Stadt anzugehen: Die Armut,
die mangelnde Bildung und Gesundheitsvorsorge und die daraus resultierende Gewalt.
Petro, der als Sohn einer Bauernfamilie selbst aus einfachen Verhältnissen stammt,
Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung studierte und mit nur 22 Jahren als Gemeinderat
ins Kommunalparlament ging, dürften diese Probleme bekannt sein. Der Erzbischof:
„Bogota wird jeden Tag größer. Die Stadt hat heute mehr als sechs Millionen
Einwohner, es gibt ein hohes Armutsniveau, fast 40 Prozent der Bevölkerung leben in
Armut. Und das bedeutet, dass der neue Bürgermeister dieses Problem angehen muss:
Es braucht Ausbildung und Wohnungen für alle, ebenso eine bessere Gesundheitsversorgung.
Alle Dinge eben, die zu den Rechten der Bürger zählen. Darauf muss die Stadtregierung
antworten, sie muss ihr Möglichstes dafür tun.“ Petros Amtsvorgänger Samuel
Morena Rojas war im März 2011 wegen schlechter Amtsführung und Korruption zurückgetreten.
Petro hatte sich von dem Kandidaten der Partei „Polo Democrático Alternativo“ (PDA)
im Wahlkampf für das Bürgermeisteramt klar abgegrenzt. Auch von der PDA hatte er sich
getrennt. Amtsantritt des neuen Bürgermeisters von Bogotá ist der 1. Januar 2012. (rv
07.11.2011 pr)