Österreich: Abtprimas Wolf fordert mehr Transparenz in der Kirche
Mehr Transparenz in
Kirche und Gesellschaft hat Benediktiner-Abtprimas Notker Wolf eingefordert. Die heutige
Gesellschaft sei von einer Aufbruchsstimmung gekennzeichnet, die nach mehr Offenheit,
Transparenz und Kommunikation verlange, sagte der weltweit ranghöchste Benediktiner
am Donnerstagabend bei einem Vortrag in Wien. Es herrsche oftmals das Gefühl vor,
„wer auch immer oben ist: Es wird vertuscht.“ Dies führe zu Wut unter den Bürgern
und zur Gefährdung des sozialen Friedens. Der Kirche müsse sich daran gewöhnen, dass
sie sich in einem solchen gesellschaftlichen Umfeld befinde. Wolf:
„Ich
würde das als einen Inkulturationsprozess bezeichnen. Gerade im Hinblick auf die kirchlichen
Missbrauchsfälle ist dieser Ruf nach Aufklärung bzw. die Forderung nach Transparenz
deutlich geworden. Deshalb rufe ich dazu auf, zu Fehlern zu stehen und der Wahrheit
zu dienen. Es hat keinen Sinn, etwas zu verheimlichen. Wir brauchen diese Offenheit
und diese Transparenz. Gleichzeitig bedeutet dies aber keinen Freischein, um jemanden
bloßzustellen; hier gibt es Grenzen.“
Die Frage nach mehr Transparenz betreffe
in der Kirche aber auch Bereiche wie etwa die Bischofsernennungen. „Warum darf die
Bevölkerung nicht wissen, was da läuft?“, fragte Wolf. Als weiteres Beispiel nannte
er die Zusammenlegung von Pfarrgemeinden. Der Abtprimas betonte eine Regel Benedikts:
„Wann immer eine wichtige Frage im Kloster ansteht, rufe der Abt sämtliche Mitbrüder
zusammen.“
Dass „Schwächen“ in der Kirche aufgedeckt würden, „müssen wir aushalten“,
meinte der Abtprimas.
„Es ist auch nicht schlecht, wenn wir uns auf einmal
wirklich zum Dienst bekehren müssen, wenn unsere Stärke nicht mehr die Macht ist,
sondern die Ohnmacht des Kreuzes. Ich bin überzeugt, dass die Kirche besser dastehen
wird, wenn viele äußere Macht abgefallen ist. Dies würde zur Glaubwürdigkeit von Kirche
beitragen. Weiters erwarte ich mir von der Kirche von heute eine ideologiefreie Dialogfähigkeit.“
Als
entscheidend für die Zukunft der Kirche sieht der Abtprimas die Fähigkeit, die Hingabe
zu Gott und den Mitmenschen wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Das sei wesentlich
wichtiger als etwa die Frage einer möglichen Aufhebung des Pflichtzölibats. Die Kirche
habe zudem immer den Auftrag, das Leben in der Gesellschaft zu verteidigen: „Es gibt
kein lebensunwertes Leben.“
Generell wünschte sich der Abtprimas mehr Gelassenheit
in der Kirche: „Wir werden eine Zukunft haben. Wir werden natürlich auch immer wieder
auf die Nase fallen, aber wir dürfen ja wieder aufstehen.“