Kardinal Marx: Europa erhält durch Krise auch neue Fahrt
Die EU-Bischofskommission
COMECE hat grundlegende Veränderungen für einen dauerhaften Ausweg aus der Finanzkrise
gefordert. Technische und kurzfristige Lösungen reichten nicht aus, erklärten die
EU-Bischöfe zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung am Freitag in Brüssel. Zwar
seien die Beschlüsse der jüngsten Euro-Gipfel zu begrüßen. Nötig sei es aber, eine
langfristige Vision für die europäischen Institutionen zu schaffen und sich auf ein
gemeinsames Wirtschafts- und Sozialmodell zu verständigen, so die COMECE.
Nach
Ansicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx ist die Euro-Krise eine Chance für die
EU. Die Einigung zur Bewältigung der griechischen Schuldenkrise sei zwar eine „Notoperation“
gewesen, sagte der Sozialverantwortliche der Deutschen Bischofskonferenz am Freitag
dem Kölner Domradio. Die Regierenden hätten jedoch erkannt, dass weitere Schritte
folgen müssten, um Finanz- und Wirtschaftspolitik stärker zu koordinieren. „Das Projekt
Europa ist also nicht gestorben, sondern hat durch die Krise hindurch vielleicht sogar
neue Fahrt bekommen“, so Marx. Die Nationalstaaten müssten mehr von ihrer Eigenständigkeit
abgeben, betonte der Kardinal. Umso wichtiger sei der gemeinsame Wille, „das europäische
Projekt nicht wieder zurückfallen zu lassen in nationale Egoismen“. Dazu gehöre eine
bessere Abstimmung in der Finanz- und Wirtschaftpolitik: „Wenn man eine gemeinsame
Währung will, wenn man gemeinsam in einer globalen Welt auftreten will, wird man mehr
Integration brauchen.“
Christen in der Mitverantwortung Marx sieht
die Christen in der Mitverantwortung für ein Gelingen der europäischen Idee. Sie dürften
nicht „die Skeptiker sein, die nur stets die Haare in der Suppe suchen“. Vielmehr
müssten sie zu Motoren dieser großen „Friedensidee“ nach dem Zweiten Weltkrieg werden:
„Die Idee Europa ist nicht tot, im Gegenteil.“ Angesichts der Krise dürften die Länder
sich nicht gegenseitig die Schuld zuschieben, so Marx. Es seien gemeinsam Fehler gemacht
worden, etwa durch einen „radikalen Finanzkapitalismus“ und ein „Leben auf Pump“.
Nun müssten alle daran arbeiten, „dass die Verschuldung zurückgefahren wird und wir
seriöse Haushalte aufstellen“. Als weitere Aufgaben nannte der Erzbischof eine Eingrenzung
des Finanzkapitalismus und die Einführung einer sozialen Marktwirtschaft auf europäischer
Ebene.