Hunger in Ostafrika
- und jetzt das: Es regnet. Was natürlich einerseits gut für die Leute dort ist,
denn jetzt können sie wieder anpflanzen. Gleichzeitig gibt es aber die Gefahr von
Überschwemmungen. Das sagt Angelika Mendes. Sie war in den vergangenen drei Jahren
für den Jesuitenflüchtlingsdienst in Kenia tätig und kennt die Lage in den Dürregebieten
am Horn von Afrika:
„Es wird zunehmend schwer, Zugang zu den Zonen in den
Dürregebieten zu bekommen, wo die Flüchtlinge sich aufhalten und die Menschen Hunger
leiden. Das heißt, Organisationen wie das Welternährungsprogramm haben extreme Schwierigkeiten,
weil Wege blockiert sind, Straßen unbefahrbar sind und so weiter. Zugleich besteht
vermehrtes Risiko von Krankheiten. Im Flüchtlingslager Kakuma in Nordwest-Kenia ist
zum Beispiel Malaria ausgebrochen – in einem Ausmaß, wie das das ganze vorige Jahr
nicht der Fall war. Es besteht hohes Risiko an Cholera, an Denguefieber – und das
dritte Problem ist, dass durch die Überflutung auch Zelte weggerissen werden, Menschen
wieder obdachlos werden, die vorher schon so oft geflohen sind.“
Eine
weitere Herausforderung ist die Sicherheit. Gerade nachdem in der vorigen Woche zwei
Hilfsarbeiterinnen von „Ärzte ohne Grenzen“ gekidnappt und in Kenia auch Touristen
entführt wurden, seien die Hilfsorganisationen im Osten Kenias sehr vorsichtig geworden,
erzählt Mendes. Die Aktivitäten wurden auf das Nötigste zurückgefahren und nur noch
überlebenssichernde Maßnahmen getroffen.
„Die Nähe zu Somalia ist ein großes
Thema in Kenia. Auch die Präsenz von so vielen Somalis in Nairobi ganz konkret, aber
dann auch in den Flüchtlingslagern. Mittlerweile sind das mehr als eine halbe Million
somalische Flüchtlinge in Kenia, und Dadaab – das weltgrößte Flüchtlingslager im Osten
Kenias – ist zugleich die viertgrößte kenianische Stadt. Das ist für die kenianische
Regierung ein großes Sicherheitsrisiko, weil man natürlich ab einer gewissen Menge
an Flüchtlingen nicht mehr genau überblicken kann: Ist da Al-Shahbab dabei, wird da
rekrutiert? Es gab immer mal wieder Stimmen, die das behauptet haben. Es ist nicht
so ganz durchsichtig, was in so großen Lagern passiert. In Nairobi selbst gibt es
ein sehr großes Viertel – Isli – wo die meisten Somalis wohnen. Da hat die Regierung
schon immer einen konkreten Blick drauf. Jetzt hat sie natürlich auch konkrete Maßnahmen
angekündigt, um Al-Shahbab Mitglieder, die sich eventuell dort aufhalten, zu fassen
oder zumindest zu vertreiben."
Erst in der vergangenen Nacht gab es einen
Anschlag auf eine Disko in der kenianischen Hauptstadt Nairobi: 14 Verletzte, die
Polizei geht von den Shabab als Tätern aus.
„Es ist eine große Schwierigkeit
für Kenia, weil das Land in der Region ein relativ stabiles Land ist. Es ist eine
große Herausforderung, diese Stabilität zu erhalten und mit dieser Bedrohung so umzugehen,
dass sie nicht in das eigene Land überschwappt. Gleichzeitig muss das Land auch der
internationalen Verpflichtung nachkommen, Schutz zu gewähren für diejenigen, die aus
diesen instabilen Ländern kommen, wie zum Beispiel Somalia. Das ist keine einfache
Aufgabe für die Regierung.“ (rv 24.10.2011 ks)