2011-10-24 10:13:02

Kardinal Marx: „Krise ist seit den 80er Jahren absehbar“


RealAudioMP3 Die Schuldenkrise überfordert, und es ist schwierig zu verstehen, was genau vorgeht und wie genau reagiert werden soll. Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx warnt in diesem Kontext vor allzu schnellen Schlüssen: Man solle nicht nur in der Gegenwart nach Schuldigen und nach Lösungen schauen, zum Verständnis der Krise müsse man genau hinsehen, wie sie eigentlich entstanden sei. Das sagte Marx nach Abschluss der Herbstvollversammlung der bayrischen Bischöfe in Freising.

„Was seit den 90er Jahren erfolgt ist – und das habe ich schon häufiger gesagt – ist, dass wir eine Entwicklung hin zu einem radikaleren Kapitalismus haben: Die Orientierung an Kapitalrenditen und die Deregulierung in einer falschen Weise. Die Auswirkungen waren die Finanzkrise, die wir hatten.
Es gibt aber auch politische Ursachen, es ist also ein Gemisch, so einfach sind die Dinge nicht. Ich kann nur davor warnen, jetzt in Schwarzweiß-Denken zu verfallen und zu sagen ‚Die Banken’ und ‚Die Politiker’ trügen Schuld. Es war insgesamt seit den 90er Jahren eine Wende hin zu – wie wir es nennen – neoliberalem Denken und einer stärkeren Orientierung an den Kapitalmärkten. Und ich halte das für einen Irrweg.“

Hinweise auf eine langfristige Entwicklung der Finanzkrise gebe die aktuelle Verschuldungskrise:

„Die Verschuldungsfrage ist eine ganz lange Geschichte. Die verschärft sich natürlich durch die Finanzkrise. Das Thema aber ist seit den 70er Jahren bekannt. Ich erinnere nur an das Hirtenwort der deutschen Bischöfe von 1980, in dem gegen die Verschuldung aus sozialethischen Gründen Stellung bezogen wurde. Es gab damals eine heftige Kritik der damaligen Regierung an diesem Hirtenwort, das noch von Kardinal Höffner inspiriert war: Man dürfe die künftigen Generationen nicht durch hohe Verschuldung belasten. Das war 1980. Es ist kein neues Thema.“

Man müsse das Problem also in großem Rahmen analysieren, so Kardinal Marx. Und ebenso weit müssten mögliche Lösungsansätze gehen, so der Münchner Erzbischof weiter:

„Es braucht eine Umorientierung auch in den Rahmenbedingungen der Wirtschaft und der Finanzmärkte. Das sagen wir seit vielen Jahren. Inklusive einer Finanztransaktionssteuer, was auch schon seit vielen Jahren diskutiert wird. Das ist aber nur ein Element des Ganzen. Ein weiteres ist die Trennung von Investmentbanking und anderen Geschäftsbanken. Auch das sind Dinge, die schon länger diskutiert werden, und zwar nicht von linker Seite, sondern von den Banken selbst.“

(Münchner Kirchenradio 24.10.2011 ord)








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