2011-10-19 14:37:15

Kriminologe Pfeiffer zu Missbrauchszahlen: „Kein Anlass, sich zurückzulehnen“


RealAudioMP3 Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist seit 1992 drastisch zurückgegangen. Und anders als es in der Medienöffentlichkeit erscheint, waren Priester oder Ordensleute demnach fast gar nicht mehr für Fälle verantwortlich. Das geht aus einer neuen repräsentativen Studie des Kriminalistischen Forschungsinstitutes Niedersachsen hervor, die im Auftrag des Bundesbildungsministeriums erstellt wurde. Das Ziel: Die Strukturen erkennen, die Missbrauch begünstigen. 11.500 Personen zwischen 16 und 40 Jahren wurden dafür befragt.

Der Rückgang an Missbrauch ist ermutigend, aber sicher kein Anlass, sich zurückzulehnen – so kommentierte der Kriminologe Christian Pfeiffer am Dienstagabend in Berlin die Studie; der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen war für die Durchführung der Untersuchung maßgeblich verantwortlich. Immerhin: Während 1992 noch 8,6 Prozent der Frauen und 2,8 Prozent der Männer angaben, bis zum 16. Lebensjahr eine Missbrauchserfahrung mit Körperkontakt mit dem Täter gemacht zu haben, sanken diese Anteile bei der aktuellen Befragung in diesem Jahr auf 6,4 und 1,3 Prozent. Nur eine Person habe angegeben, von einem katholischen Priester durch Körperkontakt sexuell missbraucht worden zu sein, berichtet Pfeiffer. 8,6 Prozent der Opfer nannten Lehrer an Schulen als Täter.

Erstmals wurden für die Studie auch Vertreter der größten Migrantengruppen befragt. Hier traten Ergebnisse zutage, die überraschen mögen. Auffällig ist zum Beispiel, dass Frauen mit türkischem Migrationshintergrund seltener von Missbrauchserfahrungen berichten. So gaben 1,7 Prozent an, bis zum 16. Lebensjahr Missbrauch mit Körperkontakt erlebt zu haben, bei den deutschen Frauen seien es 7,3 Prozent.

Was nach wie vor schockiert: Ganz überwiegend findet Missbrauch in der Familie und im Bekanntenkreis statt. Fast 50 Prozent der Frauen gaben an, von männlichen Bekannten missbraucht worden zu sein, von Vätern, Stiefvätern und Onkeln.

Ein Ergebnis des runden Tisches
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte die Studie im Zuge des Runden Tischs gegen sexuellen Kindesmissbrauch in Auftrag gegeben. Die Bundesregierung hatte das Gremium im April 2010 angesichts der zunächst in kirchlichen und dann auch in weiteren Einrichtungen bekanntgewordenen Missbrauchsfälle ins Leben gerufen.
(kna/rv 19.10.2011 pr)







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