Vorhof der Völker: Wenn ein Katholik Professor für Atheismus ist
Der „Vorhof der Völker“
erweitert sich immer mehr: Letzte Woche tagte die Vatikan-Stiftung, die diesen Namen
trägt, noch in Albanien, am Montag war nun Florenz dran. Kardinal Gianfranco Ravasi
vom Päpstlichen Kulturrat geht es darum, das Gespräch der katholischen Kirche mit
Nichtglaubenden so richtig in Fahrt zu bringen. Gestartet war der „Vorhof der Völker“
im Frühjahr in Paris.
„Wenn wir eine erste Bilanz ziehen wollen, dann können
wir sagen, dass aus dieser Pariser Wurzel mittlerweile ein Baum herauswächst, dessen
Wachsen wir gar nicht länger kontrollieren können. Wir werden ständig von verschiedensten
Einrichtungen, meistens weltlichen Einrichtungen, angefragt, und da geht es um ein
sehr buntes Themen-Spektrum, von der Kunst auf der einen Seite zu Recht, Wirtschaft,
Bioethik oder Medizin auf der anderen, wissenschaftlichen Seite. Wir tagen demnächst
in weiteren europäischen Städten: Barcelona, Stockholm, Tirana, Palermo, Marseille...
und dann wächst der Baum noch weiter, hinüber nach USA, Kanada, Lateinamerika.“
Besonders
freut sich der Kardinal auf die Debatten, die es in Tirana, der albanischen Hauptstadt,
geben wird: Immerhin war das mal ein von seiner Verfassung her ausdrücklich atheistischer
Staat, wie er betont. Auch heute gebe es an der dortigen Uni den Lehrstuhl für Atheismus,
der derzeit allerdings mit einem Katholiken besetzt sei. Die Gefahr, dass sich der
„Vorhof der Völker“ zu sehr auf akademische Debatten im Elfenbeinturm beschränkt,
ohne aber Breitenwirkung zu erzielen, hat Ravasi durchaus im Auge.
„Zum
einen müssen wir natürlich schon reagieren auf die national populäre Art von Atheismus
eines Hitchens oder Dawkins, die sich gewissermaßen über das christliche Credo lustig
machen. Wir sollten auch systematisch und methodologisch eine Antwort finden auf den
gewissermaßen praktischen Atheismus, der aus Gleichgültigkeit, Oberflächlichkeit,
Banalität und Vulgarität besteht und unsere ganze Gesellschaft unterfüttert. Das wird
unsere Hauptaufgabe sein. Und dann sollten wir auch nicht vergessen, dass die großen
kulturellen und sozialen Veränderungen doch immer das Werk einer Elite sind.“