Neuevangelisierung: „Wie können wir Menschen erreichen, die vergessen haben, dass
sie Gott vergessen haben?“
Evangelisierung, Verbreitung des Glaubens, Mission – das steht unter dem Versprechen
Jesu, „bis an die Enden der Erde“ bei den Menschen sein. Pater Bernd Hagenkord hat
einen der „Täter“ im Bereich der Verbreitung des Glaubens, den Generalsekretär des
Bonifatiuswerkes, Msgr. Georg Austen, gefragt, wo heute diese Enden der Erde sind:
„Die Enden
der Erde sehe ich, wenn ich in die konkrete Arbeit hinein schaue, bei den Menschen
an den Küchentischen, die beginnt für mich bei Jugendlichen auf den Schulplätze, wo
sie über ihren Glauben Auskunft geben können und Zeugnis geben können. Genauso sehe
ich sie in den Herausforderungen an den Arbeitsplätzen, aber auch in den Chancen -
bei allen Grenzen – in den Netzwerken des Internets. Das sind zwar vielleicht nicht
die Enden, aber die Anfänge der Erde.“
Bereits in den 40er Jahren hieß
es, Deutschland sei ein Missionsland, damals noch mit Schulterzucken kommentiert.
Wie muss Verkündung, wie muss Mission heute aussehen?
„Wir sind immer Missionsgebiet
geblieben und der missionarische Auftrag der Kirche ist uns auch immer durch die Veränderungen
gleich geblieben. Wir sprechen oft von der Verdunstung des Glaubens, aber wenn etwas
verdunstet, dann liegt auch etwas in der Luft. Ich erlebe, dass die Fragen der Menschen
in der Luft liegen. Wenn es um Verkündigung geht ist die Frage für mich, werden wir
noch verstanden? Ist unser Glaube so, dass er von Menschen aufgenommen werden kann?
Verstehen wir, was heute in den Menschen vorgeht? Das ist für mich die Herausforderung
: Wie können wir Menschen erreichen, die manchmal vergessen haben, dass sie Gott vergessen
haben?“
Ein Hindernis ist für viele Menschen der Begriff, der vor allem
in Rom benutzt wird, der Begriff der Neuevangelisierung. Wir übersetzen sie das?
„Ich
würde das so übersetzen: Wir wollen den Menschen den Glauben vorschlagen; dass sie
in Berührung kommen mit den diakonischen Einrichtungen, die in Diasporagebieten ein
Glaubenszeugnis geben, wo Menschen landen können mit ihren Lebensfragen, wo sie einen
Ort des Gebetes aber auch der konkreten Hilfe erleben und dann aber auch nachfragen:
Warum lebt ihr so?“
Sie sind jetzt hier zu einem Treffen zur Neuevangelisierung,
über 8.000 Menschen tauschen sich aus. Was bringen sie an Erfahrungen mit?
„Wir
vom Bonifatiuswerk bringen mit eine 160-jährige Erfahrung damit, Glaubensbrüder und
–schwestern, die in einer Minderheitssituation leben, zu unterstützen. Früher war
das mehr protestantisch-katholisch, heute erleben wir mehr und mehr eine Glaubensdiaspora
in den säkularisierten Gebieten. Ich bringe aber auch eine Reihe von Fragen mit, wir
haben auch nicht die Patentrezepte, wir sind auch nicht die Macher, aber wir versuchen,
Rahmenbedingungen zu setzen. Ein Beispiel: In der ehemaligen DDR, in Ostdeutschland
gibt es bis heute die Religiösen Kinderwochen, die RKWs, da machen 17 bis 18.000 Jugendliche
mit, erfahren etwas über Glaubensinhalte und erleben Glaubensgemeinschaften. Das ist
für mich ganz wichtig. Oder: Wir haben im Bistum Hildesheim eine Projektstelle,
die sich ‚Kirche für Beginner’ nennt. Wir beginnt heute das Christsein, wie kann ich
da hinein wachsen, wie finde ich Menschen, die Jesu ‚kommt und seht’ mit Leben füllen.
Wir haben eine andere Stelle zu kleinen christlichen Gemeinschaften in all den Strukturveränderungen,
die es gibt, wo Menschen erleben, dass Leben und Glauben geteilt wird. Wir
fragen uns, wie das in Zukunft in Deutschland aussehen kann, nicht nur in Afrika oder
in Indien. Das sind Beispiele, von denen wir zehren. Ich glaube, dass drei
Dinge wichtig sind, so erleben wir das in der Diaspora jedenfalls: Das eine ist, in
den Menschen zu investieren, in die Glaubensbildung und Pastoral und Seelsorge, das
zweit ist, dass wir auch Räume brauchen, sowohl Kirchen und Klöster , Räume, die auch
im caritativen Bereich da sind, wo Menschen ankommen und landen können. Das dritte
ist die Frage von Mobilität bei großen Räumen. In Island zum Beispiel gibt es eine
Gemeinde über 600 Kilometer mit 600 Katholiken. Wir kann man das zueinander führen?
Deswegen ist das auch noch einmal wichtig, kleine Glaubensgemeinschaften zu bilden,
wenn keiner alleine glauben soll. Das ist eine Herausforderung, die man
realistisch wahrnehmen kann, die darf man nicht nur beklagen. Dem können wir uns stellen
und in einer Situation von Kirche leben, die in einer Minderheitensituation ist. Die
darf sich nicht auf sich selbst zurückziehen und Mauern bauen, sondern die muss sehen,
wie sie aus einer lebendigen Beziehung zu Christus die Welt gestalten und nicht an
der Welt vorbei leben. Das ist die Herausforderung.“