2011-10-14 11:42:43

Bischof Hinder: „König Abdullah ist um Öffnung bemüht“


RealAudioMP3 Mit der Gründung des „König Abdullah“-Zentrums in Wien schreibt sich Saudi-Arabien den interreligiösen und interkulturellen Dialog auf die Fahnen. Im Ausland wohlgemerkt, denn in dem absolutistischen Staat auf der arabischen Halbinsel gibt es de facto keine Religionsfreiheit. So ist zum Beispiel der christlichen Minderheit jede öffentliche Ausübung ihrer Religion verboten, und sei es nur ein Kreuz zu tragen. Für den apostolischen Vikar von Südarabien, den Schweizer Kapuziner und Bischof Paul Hinder, ist das kein unauflösbarer Widerspruch. Im Gespräch mit Radio Vatikan kennzeichnet er das saudische Staatsoberhaupt König Abdullah Al Saud als „vorsichtigen Modernisierer“ seines Landes. Die Anregung des interreligiösen Zentrums in Wien sei in dieser Perspektive zu sehen, erklärt Hinder:

„Warum das Zentrum gerade in Wien ist, nicht etwa in Dschidda oder anderswo, zeigt ja auch, dass es offenbar leichter ist, ein solches Zentrum außerhalb der unmittelbaren Einflusssphäre zu errichten als zu Hause, weil dort vermutlich erheblicher Widerstand entstünde. Ich begrüße das als einen gewaltigen Schritt und hoffe und bete auch dafür, dass diese sachten Schritte vorwärts, um die sich der König seit einigen Jahren bemüht, zu Erfolg führen. Ich wünsche das dem saudischen Volk, ich wünsche das dem König, ich wünsche das allen, die darum bemüht sind, eine maßvolle, aber effiziente Öffnung der Gesellschaft in Saudi-Arabien beizubringen.“

Zu den „sachten Schritten“ König Abdullahs innerhalb von Saudi-Arabien zähle auch seine jüngste Entscheidung, Frauen in absehbarer Zeit als Kandidaten bei den Lokalwahlen zuzulassen. In Abdullahs Amtszeit fanden in Saudi-Arabien die ersten Wahlen überhaupt statt. Allerdings waren zu diesen Wahlen keine Parteien zugelassen. Positiv seien solche Schritte allemal, meint dazu Bischof Hinder. Der apostolische Vikar Südarabiens beklagt allerdings das „Schneckentempo“, in dem solche Entwicklungen in dem Land zugelassen werden.

„Ich denke, dass der König tatsächlich ehrlich bemüht ist, sachte eine Öffnung voranzutreiben. Inwieweit ihm das gelingt und inwieweit ihm die herrschenden Schichten im Volk dann folgen, ist eine andere Frage. Man muss sich einfach vor Augen halten, es geht schon arg langsam. Gerade das Stimmrecht für die Frauen, da braucht es noch einige Jahre, bis es dann wirklich in Kraft tritt. Warum eigentlich? Das offenbart doch auch eine Angst vor der Situation, wie der König sie vorfindet innerhalb des Machtverhältnisses der herrschenden Schichten Saudi-Arabiens.“

In der Tat soll das passive Wahlrecht für Frauen in Saudi-Arabien erst in vier Jahren Wirklichkeit werden; das heißt, Frauen dürften dann auch gewählt werden, nicht nur selber wählen. Und noch eine Einschränkung nach aktuellem Stand: Anders als männliche Anwärter, dürfen Politikerinnen nicht auf Wahlplakaten erscheinen. Die Staatreligion in Saudi-Arabien ist der salafitische Islam, der auch Wahabismus genannt wird. Die christliche Minderheit setzt sich ausschließlich aus asiatischen Gastarbeitern und Emigranten zusammen, etwa aus den Philippinen oder aus Vietnam.

Bischof Hinder geht weiter auf das historische Treffen zwischen König Abdullah und Papst Benedikt XVI. ein. Als erster saudischer König überhaupt war König Abdullah im November 2007 im Vatikan zu Besuch. Bei der Begegnung hatte Abdullah „gemeinsame Werte“ als Bindeglied zwischen Islam und Christentum benannt. Er verwies auf die Notwendigkeit, zusammenzuarbeiten, um einen „Zusammenstoß der Zivilisationen“ zu vermeiden. Dazu Bischof Hinder:

„Soweit ich informiert bin, ist König Abdullah ein sehr religiöser Mensch, ein überzeugter Muslim, der aber auch aus einer tiefen religiösen Haltung heraus Politik betreibt. Im positiven Sinne, also nicht im fundamentalistischen Sinne. Ihm ist es auch ein Anliegen, dass weltweit die Kräfte, die sich einigen können auf grundlegende Werte, auf die es ankommt in der Gesellschaft – ich denke, dass das auch damals einer der Gründe war, warum er den Besuch beim Heiligen Vater gemacht hat –, dass er aus diesem Bewusstsein heraus Alliierte finden will in einem gemeinsamen humanen Ethos. Wie auch immer man dann dazu im Einzelfall steht, ich denke, dass das etwas Positives ist.“

Bischof Paul Hinder war bis zuletzt für die gesamte arabische Halbinsel mit Ausnahme von Kuwait zuständig. Im Mai ordnete der Heilige Stuhl die Kirchenstrukturen im arabischen Raum neu und übertrug Hinder als Zuständigkeitsbereich das Vikariat „Arabien-Süd“. Dazu gehören die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman und Jemen. Hinders Bischofssitz befindet sich in Abu Dhabi in den Emiraten.

(rv/asianews 14.10.2011 pr)









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