iPerson Steve Jobs: Visionäre der Kommunikation und des Konsums
Die Maus, mit der ich den Computer steuere. Das Fenster, dass sich beim Klicken
öffnet. Ein Rechner, den man selber benutzen kann. Der iPod, der Musik hören
verändert. Aber auch die Pixar Animation Studios, die wunderbare Trickfilme drehen,
von denen zwei – Finding Nemo und Toy Story – den Oscar bekommen haben. Dies alles
sind Dinge, die es ohne Steve Jobs so nicht gegeben hätte. In der vergangenen Woche
ist er gestorben, der große Magier des Konsumer - Elektronik. Und seitdem überschlagen
sich die Würdigungen, aber auch kritischen Anmerkungen zu einem prägenden Leben. Er
ist ein Phänomen der Popularkultur, Steve Jobs, Gründer, Kreativgenie und langjähriger
Leiter der Computerfirma Apple. Er verkaufte nicht nur Rechner, er verkaufte einen
Lebensstil, ein Lebensgefühl, seine Computer und später das iPhone und der iPod und
werden verehrt, fast schon mit pseudo-religiösen Ritualen. Wer ist der Mann, der in
der vergangenen Woche verstorben ist? Ein Beitrag von Pater Bernd Hagenkord
Steve Jobs ist vielleicht
das, was man am besten als „Säkularen Heiligen“ bezeichnen könnte, als jemanden, der
durch seine Arbeit aber auch durch sein Leben und seinen Lebensstil prägend gewirkt
hat für eine ganze Generation. Zunächst einmal positiv. Der neue Chefredakteur der
Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica, Pater Antonio Spadaro, der auch ein Projekt
zu Cyber-Theology betreibt, sieht in Jobs jemanden, der den wahren Wert der Kommunikation
in der Welt heute erkannt habe – Bits und Bytes seien mehr wert als Erdöl. Und er
zieht einen gewagten Vergleich: Jobs Idee sei vergleichbar mit der Idee von Papst
Pius XI. gewesen. 1929 bei der Wiedergründung des Vatikanstaates habe dieser Radio
Vatikan in die Welt gebracht:
„Papst Pius XI. hat verstanden, dass das Wesentliche
für diesen neuen Staat das Radio und die Eisenbahn sind. Die Kommunikation also. Steve
Jobs hatte insofern etwas mit Papst Pius XI. gemein. Der Amerikaner verstand, dass
die Kommunikation der höchste Wert ist, den wir heute zur Verfügung haben und den
wir nutzen müssen. In ihm vereinten sich auf herausragende Weise Innovation und Kreativität.“
Am Lebensbeispiel des Computerpioniers zeige sich, wie wichtig es sei,
Herausforderungen anzunehmen und nach Misserfolgen wieder aufzustehen, sagte Spadaro.
Jobs habe die „große Fähigkeit“ gehabt, an Visionen zu glauben.
„Die Fähigkeit,
das Leben nicht bloß als Abfolge des kleinen Alltags zu sehen, sondern leitende Visionen
zu haben, Grenzen zu überwinden – das, was uns seinerzeit auf den Mond gebracht hat.
Das Überwinden eines Zustands der Starre, das können wir von Steve Jobs lernen. Im
Grund ist das seine wichtigste Botschaft: Bleib hungrig, bleib töricht. Hab die Fähigkeit,
das Leben aus neuen Blickwinkeln zu sehen.“
Jobs war kein Garagen-Bastler.
Er war ein Philosoph, der diese Fähigkeit des Blicks auf das Leben auch ausdrücken
wollte, in Interviews, in den jährlichen Ansprachen und auch in seinen Produkten.
Es klingt fast philosophisch, wie er seine Erfahrungen formuliert. Hören wir das aus
Steve Jobs Mund, gesprochen 2005 zu Studenten in Stanfort, Kalifornien, über echte
Befriedigung:
„Der einzige Weg zu einer tiefen Befriedigung liegt in dem
Glauben, dass das, was ihr macht, großartig ist. Und die einzige Weise, großartige
Arbeit zu machen, heißt zu lieben, was ihr tut. Wenn ihr das noch nicht gefunden habt,
bleibt auf der Suche. Und gebt euch nie zufrieden.“
Das klingt wie eine
Kurzform des Lebensgefühls der Generation Apple. Aber es ist nicht rein philosophisch.
Steve Jobs Können lag im Gestalten und Vermarkten der Interfaces, wo unsere menschliche
Welt mit der Technik in Verbindung tritt. Durch seine Produkte mehr noch als durch
alles andere sind diese Interfaces heute keinen Trennungen mehr, sondern Verbindungen.
Und so ist auch seine Philosophie Teil der Vermarktung, Teil dieses Interfaces. Noch
einmal Steve Jobs:
„Eure Zeit ist begrenzt. Verschwendet sie also nicht
dadurch, dass ihr das Leben eines Anderen lebt. Lasst euch nicht von den Ergebnissen
des Denkens von anderen Menschen einfangen, lasst nicht zu, dass der Lärm der Meinung
der Anderen eure eigene innere Stimme übertönt. Und das Wichtigste: Habt den Mut,
eurem eigenen Herzen und eurer Eingebung zu folgen.“
Und damit spricht
er einer ganzen Generation aus dem Herzen. Nicht zuletzt heißen die jüngsten Produkte
aus dem Hause Apple „iPhone“, iPod“ etc, beginnen mit dem englischen Wort „ich“. Dieses
Ich, und da drückt Jobs das Lebensgefühl seiner Anhänger perfekt aus, dürfe sich nicht
beschränken lassen, durch nichts.
Zwei Ergebnisse haben seine Überlegungen:
Die einen sind visionär, persönlich, fast schon existenzialistisch. Das andere Ergebnis:
Kauft Apple Produkte. Diese beiden Dinge gehörten bei Jobs zusammen, diese Dinge gehören
auch bei seinen Anhängern zusammen. Auch wenn fast alle Nachrufe den pseudo-religiösen
Charakter der Verehrung betonen, die Käufer seine „Jünger“ nennen, so ist es doch
immer der Verkauf, um den es geht. Und Jobs war ein begnadeter Verkäufer. Sein Auftreten
in Jeans und schwarzem Rolli, die Geheimnistuerei um neue Produkte, der eigene Jargon:
Das alles hatte und hat Konsum-Kult-Status. Im christlichen Medienmagazin „Pro“ Findet
sich eine Analyse, die sich der religiösen Symbolik widmet, die die Produkte von Jobs
umranken:
Ein Schöpfungsmythos: Der erste Apple Rechner wurde in der Garage
von Jobs‘ Eltern gebaut. Die Symbolkraft ist eindeutig: Ähnlich dem Stall von Betlehem. Ein
Heldenmythos: Der Apple-Gründer Jobs rettet seine User davor, dem Reich der bösen
Windows-PC-Welt anheim zu fallen. Ein satanischer Mythos: Der Widersacher von Apple
ist und war seit jeher IBM. PC‘s wollten die Welt mit grauen Desktopcomputern knechten,
und Apple als strahlender Guter versprach das Heil. Ein Wiederauferstehungsmythos:
Jobs kehrte 13 Jahre nach dem ersten Rauswurf bei seiner eigenen Firma zu Apple zurück
und führte sie wieder auf den rechten Weg. Wenn er auftrat um neue Produkte vorzustellen,
dann betrat er eine Kanzel. Millionen hingen an seinen Lippen – um dann am nächsten
Tag oder bereits in der Nacht zu kaufen. Denn das ist der Kern: Kaufen. Visionär
oder Funktionär des Konsums? Oder sogar beides? Vielleicht ist das ja gar kein Widerspruch.
Vielleicht hat uns Steve Jobs gezeigt, wie Visionäres unter den Bedingungen der heutigen
Wirtschaft entsteht. Nichts mehr. Aber auch nichts weniger. Und das, das darf ich
als Fan der Apple-Computer sagen, hat er großartig gemacht. Zum Abschluss noch einmal
Steve Jobs: Christliche Gedanken, stoische Philosophie, das Lebensgefühl der Apple-Community:
Alles fließt bei ihm zusammen.
„Sich vor Augen zu halten, dass du sterben
musst, ist die beste Art die ich kenne, die Falle zu vermeiden und zu glauben, dass
du etwas zu verlieren hast. Das hast du nicht. Es gibt keinen Grund, nicht dem Herzen
zu folgen. Niemand möchte sterben. Selbst diejenigen, die in den Himmel wollen, wollen
nicht sterben, um dahin zu kommen. Trotzdem: Der Tod ist das Ziel, das uns allen gemeinsam
ist. Niemand ist dem jemals entflohen. Und genau so sollte es auch sein. Tod ist wahrscheinlich
die allerbeste Erfindung des Lebens. Es bewirkt Wandel im Leben. Es entsorgt das Alte
um Platz für das Neue zu machen.“