Der ehemalige Erzbischof
von Kapstadt und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu feiert am 7. Oktober seinen
80. Geburtstag. Anlässlich des Jubiläums stellt Radio Vatikan das Leben und Wirken
des mutigen Menschenrechtlers vor, der weit über sein Land hinaus zur Symbolfigur
des gewaltlosen Widerstands gegen Apartheid und Rassismus wurde. Ein Porträt. „Ein
Führer ist ein wirklicher Führer, wenn er auch Diener ist. Ein Merkmal großer Führer
ist, dass sie leiden und sich opfern für diejenigen, in deren Auftrag sie handeln:
Der Dalai Lama war für 50 Jahre im Exil, Nelson Mandela war im Gefängnis, Mutter Theresa
lebte mit den Armen. Ein Führer inspiriert die Menschen, die ihm folgen. Er muss die
eigene Macht nicht zeigen und beweisen, denn er hat moralische Autorität. Er konzentriert
die besten Eigenschaften der Menschen, und schafft eine Umgebung, in der Menschen
wachsen können.“ …sagte Desmond Tutu im Interview mit einer schwedischen
Journalistin im Jahr 1997, im Rückblick auf seinen lebenslangen Einsatz für den Frieden.
Inspiration, Opferbereitschaft, Demut – die Eigenschaften, die Desmond Tutu einem
guten Führer zuschreibt, treffen auf ihn selber zu. Der Südafrikaner, der 1931 in
der Bergbaustadt Klersdorp-Transvaal geboren wurde, gilt als einer der wichtigsten
Kämpfer gegen die Apartheid in der Geschichte seines Landes. Als Vorsitzender der
„Kommission für Wahrheit und Versöhnung“ deckte er Verbrechen im Zusammenhang mit
der Rassentrennung zwischen 1960 und 1994 auf. „Ich wurde im Kampf gegen die
Apartheid sozusagen aus Mangel zum Führer. Unsere wirklichen Helden saßen ja im Gefängnis
und waren im Exil. Es hat mich immer überrascht, wie Gott jedes Mittel nutzen kann
– ich bin eines dieser Mittel, und das ist ein großes Privileg für mich.“ Tutu
war in Südafrika zunächst als Lehrer tätig. Als die die südafrikanische Regierung
mit dem „Bantu Education Act“ 1953 gesetzlich verordnete, dass farbige Kinder eine
schlechtere Ausbildung erhalten sollten als weiße, gab er wenige Jahre später den
Lehrerberuf auf. 1961 wurde er anglikanischer Priester. „In Südafrika war eines
unserer großen Probleme, dass unser Erziehungssystem den Leuten sagte, was sie denken
sollten statt ihnen zu sagen: Wir möchten, dass ihr Fragen stellt, dass ihr skeptisch
seid. Wir haben oft Respekt mit Autorität verwechselt. Der Autoritäre sagt: du musst
das tun, weil ich es sage. Jemand, der Respekt ausstrahlt, sagt: Prüfe, ob es stimmt
oder nicht. Er ist glaubwürdig, weil er selbst durch diesen Prozess gegangen ist.“ Unermüdlich
predigte Tutu, der 1978 zum Generalsekretär des südafrikanischen Weltkirchenrates
gewählt wurde, von einer Aussöhnung zwischen den Farbigen und Weißen. Von 1986 bis
1996 war er Erzbischof von Kapstadt und damit Oberhaupt von rund zwei Millionen Mitgliedern
der anglikanischen Gemeinschaft in Südafrika. Für Tutu Sind Dialog und Versöhnung
Schlüssel zu einer gerechten Welt. „Wie lernen wir schwimmen? Ganz sicher nicht
durch Bücherlesen. Man lernt Schwimmen durch schwimmen. Und so lernt man auch Vergebung
durch vergeben. Jeder von uns muss früher oder später vergeben, wir wissen, was das
bedeutet, und wir wissen, was es für uns bedeutet, wenn man uns vergibt. Lasst uns
einfach das anwenden, was wir wissen.“ Für seinen gewaltlosen Kampf gegen das
Unrecht des Apartheid-Systems wurde Desmond Tutu 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Er begriff die ehrenvolle Auszeichnung als Chance und Auftrag für sein Land: „In
dieser Zeit fühlte sich Südafrika von der Welt abgeschrieben. Die Apartheid schien
ewig, und so kam mein Friedensnobelpreis zu einem wichtigen Zeitpunkt. Er half, die
Hoffnung unserer Landsleute wieder zu wecken. Die Welt erkannte, dass unser Weg der
richtige war, dass er ein edler Weg war. Der Preis half auch, Türen zu öffnen, die
zuvor verschlossen waren. Ich hatte oft versucht, im weissen Haus vorzusprechen. Als
ich dann die Nominierung bekam, haben sie mich eingeladen.“ Bis heute nimmt
der ehemalige Erzbischof von Kapstadt kein Blatt vor den Mund, wenn er Zeuge von Entwicklungen
wird, die er für ungerecht hält. Er setzt sich für die Rechte der Palästinenser ein,
ebenso in der weltweiten Entwicklungs- und Friedensarbeit. In diesen Tagen kritisierte
er erneut die südafrikanische Regierung. Sie hatte dem Dalai Lama ein Visum verweigert;
dieser wollte an Tutus Geburtstagsfeier teilnehmen. (rv 07.10.2011 pr)