Der Arabische Frühling kommt den Christen in Ägypten offenbar nicht zugute: Etwa 100.000
von ihnen sollen seit März das Land verlassen haben. Der Kairoer Dachverband von ägyptischen
Menschenrechtsverbänden macht wachsende interreligiöse Spannungen für die Flucht von
Christen verantwortlich. Vor allem die islamistischen Salafiten griffen seit der Februarrevolution
immer häufiger die mehrheitlich koptischen Christen an. Schon kurz vor dem Umsturz
war es in Alexandria zu einem blutigen Terroranschlag auf koptische Christen gekommen;
seither klagt die größte religiöse Minderheit im Land über fehlenden Schutz.
Häufig
sind es interreligiöse Eheschließungen, die für den Ausbruch von Unruhen und Gewalt
sorgen. Für weitere Spannungen sorgt das neue Gesetz über Kultorte, das der Militärrat
approbiert hat. Es wird von koptischen, anglikanischen und katholischen Christen als
unzureichend angesehen. Das Gesetz, das nach den blutigen Zusammenstößen zwischen
Christen und Moslems in zwei Kairoer Stadtvierteln veröffentlicht wurde, bestimmt,
dass Kultorte nicht größer als 1.000 Quadratmeter sein dürfen und nur in einem Abstand
von mindestens einem Kilometer voneinander entstehen dürfen. Bei dem Attentat auf
eine koptische Kirche in Alexandria in der Neujahrsnacht hatten 21 Menschen das Leben
verloren; im März starben dreizehn Christen, als einige Salafiten eine Kirche in Kairo
in Brand steckten.
Die genaue Zahl der Christen in Ägypten ist nicht bekannt.
Regierungsangaben sprechen von 6-7 Millionen, koptische Bischöfe hingegen von 12 Millionen
Gläubigen. Die meisten Christen in Ägypten gehören zur koptisch-orthodoxen Kirche
von Alexandria, die von Papst Shenuda III. geleitet wird.