Die Kirche soll sich
„entweltlichen“, Ballast abwerfen, auf Privilegien verzichten und dadurch in ihrer
„missionarischen Sendung“ glaubwürdiger werden. Diese Forderung des Papstes bei seinem
Besuch in Freiburg (unser Foto) vor einer Woche beschäftigt in Deutschland weiter
die Gemüter. Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, zeigt sich
in einem Interview mit dem Kölner Domradio eher skeptisch, was die Formulierung „Entweltlichung“
betrifft.
„Ich halte diesen Begriff für schwierig und auch nicht unbedingt
geeignet, um das auszudrücken, was der Papst eigentlich sagen will: Dass wir nämlich
tatsächlich in Hinblick auf die Heilige Schrift und die Soziallehre der Kirche unsere
Arbeit tun. Entweltlichung passt für mich schwer damit zusammen. Gott ist Mensch geworden
in dieser Welt. Die heilige Teresa von Ávila sagt: Gott in allen Dingen suchen und
finden. Also von daher glaube ich, dass dieser Begriff wirklich gut erklärt werden
muss, damit er nicht zu Missverständnissen führt.“
Fordert Benedikt nun,
dass die Kirche nicht länger Kindergärten, Krankenhäuser oder Altenheime betreibt?
Nein, glaubt der Caritas-Chef:
„Das würde nicht zusammenpassen mit der ausdrücklichen
Würdigung gerade der deutschen Caritas an demselben Vormittag. Ich glaube, die Frage
geht vielmehr dahin, dass wir natürlich bei allem Organisieren, Strukturieren und
Finanzieren unsere Quelle nicht aus dem Blick verlieren dürfen: Wir leben in dieser
Welt und in dieser Welt gibt es auch immer Strukturen und Organisationen. Also die
Frage ist vielmehr, wie die Strukturen und Organisationen gestaltet sind und ob sie
in ihrer Arbeit durchsichtig machen, in wessen Dienst sie stehen. Und das ist die
durchaus berechtigte Rückfrage.“
Ohne finanzielle Mittel sei es „schwer,
Gutes zu tun“, erläutert Neher. Die Frage sei nur: „Stehen die finanziellen Mittel
im Mittelpunkt oder der notbedürftige Mensch?“
Nachdenklich geworden durch
den Begriff „Entweltlichung“ ist der Generalvikar des Erzbistums Köln, Dominik Schwaderlapp.
Er sagte ebenfalls im Domradio:
„Als Generalvikar ist man ja für die institutionelle,
materielle Seite der Kirche auch mitverantwortlich – und ich merke ja schon, dass
wir durch unser Vermögen, durch das, was wir haben, auch sehr viele Kräfte binden.
Ein Beispiel: Vor wenigen Jahren mussten wir ja im Zusammenhang mit dem Projekt „Zukunft
heute’ Kosten einsparen. Unter anderem wurden die Zuschüsse für Versammlungsflächen
um die Hälfte reduziert. Das bedeutete für die Gemeinden einen großen Einschnitt.
Aber viele wollten dann doch - ich würde fast sagen „auf Teufel komm heraus’ -, auf
jeden Fall mit großer Energie versuchen, doch ihre Versammlungsstätten, ihre Pfarrheime
aufrechtzuerhalten; es wurden Freundeskreise gegründet, die das Ganze finanzieren
sollten, und alle möglichen Aktivitäten unternommen, so dass ich manchmal gesagt habe:
Wenn all diese Aktivitäten, die um den Erhalt dieser Pfarrheime angestrengt werden,
eingesetzt würden, um Menschen für das Evangelium zu gewinnen, dann hätten wir Menschen
für das Evangelium gewonnen und zusätzlich genügend Geld, um die Pfarrheime zu erhalten.“
Natürlich
dürfe die Kirche nicht zu sehr am Geld hängen, so Schwaderlapp. Aber die Kirchensteuer
aufgeben? Nein, denn die sei gar kein Privileg.
„Das bestreite ich hartnäckig,
weil die Kirchensteuer eine Basis liefert, bei der sowohl der Staat als auch die Kirche
gut bei wegkommen. Also die Kirchensteuer ist ein Mitgliedsbeitrag der Katholiken,
nichts anderes, der Staat sorgt dafür, dass über die Finanzämter diese Mittel eingeworben
werden. Das lässt er sich bezahlen, das ist kein Geschenk des Staates, und er lässt
sich das gut und gerne bezahlen. Ich behaupte einmal, mit mehr als es wirklich kostet.“
Für
den Kölner Generalvikar bleibt die Papstrede von Freiburg „ein Stachel im Fleisch“:
Er hoffe, so wörtlich, „dass wir diesen Stachel nicht zu schnell herausziehen und
in die Ecke werfen, sondern dass wir uns durch diese Rede auch ein bisschen piesacken
lassen“.