2011-10-02 09:43:56

D: Kirche debattiert über „Entweltlichung“


RealAudioMP3 Die Kirche soll sich „entweltlichen“, Ballast abwerfen, auf Privilegien verzichten und dadurch in ihrer „missionarischen Sendung“ glaubwürdiger werden. Diese Forderung des Papstes bei seinem Besuch in Freiburg (unser Foto) vor einer Woche beschäftigt in Deutschland weiter die Gemüter. Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, zeigt sich in einem Interview mit dem Kölner Domradio eher skeptisch, was die Formulierung „Entweltlichung“ betrifft.

„Ich halte diesen Begriff für schwierig und auch nicht unbedingt geeignet, um das auszudrücken, was der Papst eigentlich sagen will: Dass wir nämlich tatsächlich in Hinblick auf die Heilige Schrift und die Soziallehre der Kirche unsere Arbeit tun. Entweltlichung passt für mich schwer damit zusammen. Gott ist Mensch geworden in dieser Welt. Die heilige Teresa von Ávila sagt: Gott in allen Dingen suchen und finden. Also von daher glaube ich, dass dieser Begriff wirklich gut erklärt werden muss, damit er nicht zu Missverständnissen führt.“

Fordert Benedikt nun, dass die Kirche nicht länger Kindergärten, Krankenhäuser oder Altenheime betreibt? Nein, glaubt der Caritas-Chef:

„Das würde nicht zusammenpassen mit der ausdrücklichen Würdigung gerade der deutschen Caritas an demselben Vormittag. Ich glaube, die Frage geht vielmehr dahin, dass wir natürlich bei allem Organisieren, Strukturieren und Finanzieren unsere Quelle nicht aus dem Blick verlieren dürfen: Wir leben in dieser Welt und in dieser Welt gibt es auch immer Strukturen und Organisationen. Also die Frage ist vielmehr, wie die Strukturen und Organisationen gestaltet sind und ob sie in ihrer Arbeit durchsichtig machen, in wessen Dienst sie stehen. Und das ist die durchaus berechtigte Rückfrage.“

Ohne finanzielle Mittel sei es „schwer, Gutes zu tun“, erläutert Neher. Die Frage sei nur: „Stehen die finanziellen Mittel im Mittelpunkt oder der notbedürftige Mensch?“

Nachdenklich geworden durch den Begriff „Entweltlichung“ ist der Generalvikar des Erzbistums Köln, Dominik Schwaderlapp. Er sagte ebenfalls im Domradio:

„Als Generalvikar ist man ja für die institutionelle, materielle Seite der Kirche auch mitverantwortlich – und ich merke ja schon, dass wir durch unser Vermögen, durch das, was wir haben, auch sehr viele Kräfte binden. Ein Beispiel: Vor wenigen Jahren mussten wir ja im Zusammenhang mit dem Projekt „Zukunft heute’ Kosten einsparen. Unter anderem wurden die Zuschüsse für Versammlungsflächen um die Hälfte reduziert. Das bedeutete für die Gemeinden einen großen Einschnitt. Aber viele wollten dann doch - ich würde fast sagen „auf Teufel komm heraus’ -, auf jeden Fall mit großer Energie versuchen, doch ihre Versammlungsstätten, ihre Pfarrheime aufrechtzuerhalten; es wurden Freundeskreise gegründet, die das Ganze finanzieren sollten, und alle möglichen Aktivitäten unternommen, so dass ich manchmal gesagt habe: Wenn all diese Aktivitäten, die um den Erhalt dieser Pfarrheime angestrengt werden, eingesetzt würden, um Menschen für das Evangelium zu gewinnen, dann hätten wir Menschen für das Evangelium gewonnen und zusätzlich genügend Geld, um die Pfarrheime zu erhalten.“

Natürlich dürfe die Kirche nicht zu sehr am Geld hängen, so Schwaderlapp. Aber die Kirchensteuer aufgeben? Nein, denn die sei gar kein Privileg.

„Das bestreite ich hartnäckig, weil die Kirchensteuer eine Basis liefert, bei der sowohl der Staat als auch die Kirche gut bei wegkommen. Also die Kirchensteuer ist ein Mitgliedsbeitrag der Katholiken, nichts anderes, der Staat sorgt dafür, dass über die Finanzämter diese Mittel eingeworben werden. Das lässt er sich bezahlen, das ist kein Geschenk des Staates, und er lässt sich das gut und gerne bezahlen. Ich behaupte einmal, mit mehr als es wirklich kostet.“

Für den Kölner Generalvikar bleibt die Papstrede von Freiburg „ein Stachel im Fleisch“: Er hoffe, so wörtlich, „dass wir diesen Stachel nicht zu schnell herausziehen und in die Ecke werfen, sondern dass wir uns durch diese Rede auch ein bisschen piesacken lassen“.

(domradio 02.10.2011 sk)








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