Der Deutsche Ethikrat
fordert eine Erweiterung des Embryonenschutz-Gesetzes: Es solle auch für die Forschung
an so genannten Mischwesen zwischen Mensch und Tier gelten. Damit solle es künftig
nicht mehr erlaubt sein, tierische Embryonen auf Menschen zu übertragen oder tierisches
Material in den Erbgang des Menschen einzubringen. In seinem Statement vom Dienstag
spricht sich der Ethikrat für eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier aus.
Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger gehört zum Deutschen Ethikrat. Er
erklärt im Gespräch mit uns:
„Das Interesse an solchen Mensch-Tier-Mischwesen,
zu denen Chimären und Zybride gehören, ist vor allem durch die moderne Biomedizin
in eine ganz neue Phase getreten. Hatte der Mensch früher schon in der Kulturgeschichte
an solchen Mischungen ein eher kulturelles Interesse, wie etwa die Zentauren oder
die Sphinx das belegen, so ist in der modernen Biomedizin ein sehr striktes Forschungs-
und Anwendungsinteresse da. Etwa die Austestung von genetischen Funktionsweisen, die
in tierische Organismen eingebracht werden und möglicherweise später einmal für die
Bekämpfung von Demenz, Parkinson und Alterskrankheiten verwendet werden können.“
Die
Studie des Deutschen Ethikrates beschäftigt sich vor allem mit der Übertragung von
menschlichem Genmaterial auf Tiere. Und dabei kommen die Experten im Einzelfall, wie
so oft, nicht zu einem einheitlichen Votum. Weihbischof Losinger meint:
„Es
gibt eine Reihe von ganz unterschiedlichen Bereichen, in denen sozusagen die rote
Lampe angehen muss. Die erste Frage ist die nach der Artgrenze zwischen Mensch und
Tier. Der Mensch ist ja zunächst einmal, biologisch gesehen, in der Tat auch ein Tier,
also ein Lebewesen in einer Artenpyramide. Hier steht mehr und mehr die Frage an:
Was ist das Besondere an der Gattung Mensch im Unterschied zum Tier? Gerade auch,
wenn man moderne biologische Werke studiert, ist das gar nicht mehr so selbstverständlich,
dass das, was früher in der Philosophie als animal rationale bezeichnet wurde, also
die Geistbegabung des Menschen, seine Kulturfähigkeit, seine Sprache, auch ihn als
ein besonderes Wesen in der Wirklichkeit der Lebewesen qualifiziert.“
Damit
entstehe auch die Frage: Wenn der Mensch rationales Wesen ist, welche Verantwortung
kommt ihm für das Tier zu? Und schließlich: Was ist das Tier im Unterschied zum Menschen?
Bischof Losinger weiß, dass der bekannte Hirnforscher Peter Singer auch für so genannte
Menschenaffen Menschenrechte fordert.
„Nun, Peter Singer ist ja einer derjenigen
Forscher, die im Blick auf die Frage der Menschenwürde sehr minimal denken. Aus seiner
Perspektive kommt ja der Gedanke, dass etwa ein glücklicher Menschenaffe in der Hierarchie
sehr viel höher einzustufen wäre als ein kranker Mensch! Diese Situation ist natürlich
dadurch bedingt, dass in der Kulturgeschichte der Menschheit und in der Philosophie,
für die wir stehen, Grenzen verschoben worden sind. Das wäre dann auch die Frage,
die bei der Behandlung des Menschen und des Tieres in eine Aporie führt...“
(rv/kna
28.09.2011 sk)
In unserem Audio-Angebot können Sie das ganze Interview
mit Bischof Losinger hören. Stefan Kempis führte es an diesem Mittwoch.