2011-09-28 15:08:32

Ethik-Bischof: „Grenzen sind verschoben“


RealAudioMP3 Der Deutsche Ethikrat fordert eine Erweiterung des Embryonenschutz-Gesetzes: Es solle auch für die Forschung an so genannten Mischwesen zwischen Mensch und Tier gelten. Damit solle es künftig nicht mehr erlaubt sein, tierische Embryonen auf Menschen zu übertragen oder tierisches Material in den Erbgang des Menschen einzubringen. In seinem Statement vom Dienstag spricht sich der Ethikrat für eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier aus.

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger gehört zum Deutschen Ethikrat. Er erklärt im Gespräch mit uns:

„Das Interesse an solchen Mensch-Tier-Mischwesen, zu denen Chimären und Zybride gehören, ist vor allem durch die moderne Biomedizin in eine ganz neue Phase getreten. Hatte der Mensch früher schon in der Kulturgeschichte an solchen Mischungen ein eher kulturelles Interesse, wie etwa die Zentauren oder die Sphinx das belegen, so ist in der modernen Biomedizin ein sehr striktes Forschungs- und Anwendungsinteresse da. Etwa die Austestung von genetischen Funktionsweisen, die in tierische Organismen eingebracht werden und möglicherweise später einmal für die Bekämpfung von Demenz, Parkinson und Alterskrankheiten verwendet werden können.“

Die Studie des Deutschen Ethikrates beschäftigt sich vor allem mit der Übertragung von menschlichem Genmaterial auf Tiere. Und dabei kommen die Experten im Einzelfall, wie so oft, nicht zu einem einheitlichen Votum. Weihbischof Losinger meint:

„Es gibt eine Reihe von ganz unterschiedlichen Bereichen, in denen sozusagen die rote Lampe angehen muss. Die erste Frage ist die nach der Artgrenze zwischen Mensch und Tier. Der Mensch ist ja zunächst einmal, biologisch gesehen, in der Tat auch ein Tier, also ein Lebewesen in einer Artenpyramide. Hier steht mehr und mehr die Frage an: Was ist das Besondere an der Gattung Mensch im Unterschied zum Tier? Gerade auch, wenn man moderne biologische Werke studiert, ist das gar nicht mehr so selbstverständlich, dass das, was früher in der Philosophie als animal rationale bezeichnet wurde, also die Geistbegabung des Menschen, seine Kulturfähigkeit, seine Sprache, auch ihn als ein besonderes Wesen in der Wirklichkeit der Lebewesen qualifiziert.“

Damit entstehe auch die Frage: Wenn der Mensch rationales Wesen ist, welche Verantwortung kommt ihm für das Tier zu? Und schließlich: Was ist das Tier im Unterschied zum Menschen? Bischof Losinger weiß, dass der bekannte Hirnforscher Peter Singer auch für so genannte Menschenaffen Menschenrechte fordert.

„Nun, Peter Singer ist ja einer derjenigen Forscher, die im Blick auf die Frage der Menschenwürde sehr minimal denken. Aus seiner Perspektive kommt ja der Gedanke, dass etwa ein glücklicher Menschenaffe in der Hierarchie sehr viel höher einzustufen wäre als ein kranker Mensch! Diese Situation ist natürlich dadurch bedingt, dass in der Kulturgeschichte der Menschheit und in der Philosophie, für die wir stehen, Grenzen verschoben worden sind. Das wäre dann auch die Frage, die bei der Behandlung des Menschen und des Tieres in eine Aporie führt...“

(rv/kna 28.09.2011 sk)

In unserem Audio-Angebot können Sie das ganze Interview mit Bischof Losinger hören. Stefan Kempis führte es an diesem Mittwoch.







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