2011-09-24 09:46:32

Station Freiburg: Papst Benedikt XVI. in der Stadt der Caritas


Wenn Benedikt XVI. am Samstag nach Freiburg kommt, besucht er damit auch den Sitz des größten deutschen Wohlfahrtsverbandes: der Caritas. In welchen Bereichen setzt sich die deutsche Caritas derzeit besonders ein? Und was bedeutet der Papstbesuch für die Organisation, die bundesweit Arbeitgeber von rund einer halben Million Menschen ist und eng mit der katholischen Kirche verzahnt ist? Für Radio Vatikan berichtet aus Freiburg Anne Preckel:

Die Bundestagsrede des Papstes war auch ein Impuls für die soziale Arbeit und das Ehrenamt in Deutschland. Das meint Roberto Alborino, der bei der Caritas auf Bundesebene Referatsleiter für Fragen der Migration und Integration ist. Papst Benedikt XVI. hatte in seinen Ausführungen vor den Abgeordneten davor gewarnt, Recht in einer Demokratie allein auf Mehrheitsbeschlüsse zu gründen. Beim anschließenden Treffen mit Vertretern der muslimischen Glaubensgemeinschaft appellierte er an die deutsche Politik, auch die „öffentliche Dimension der Religionsausübung“ anzuerkennen – beides Botschaften, die auf die Stärkung der Rechte von Minderheiten in Deutschland zielen – zum Beispiel die der Migranten. Für den Caritas-Experten Alborino, der selbst gebürtiger Italiener ist, gibt es in Deutschland in Punkto Integration noch einiges zu tun:

„Zum Beispiel die Bleiberechts-Regelung: Die Caritas und die Diakonie haben aktuell zu diesem Thema eine Erklärung herausgegeben. Ein anderer Punkt ist die Frage des Asylbewerber-Leistungsgesetzes und der Menschen, die schon in Deutschland leben, aber noch keine endgültige Aufenthaltsgenehmigung haben. Aber auch zum Beispiel die Frage des sogenannten Resettlement – für die Menschen aus Nordafrika, die Menschen aus dem Irak usw.“

Schwerpunkt der politischen Arbeit der Caritas sei die Situation von Menschen ohne Aufenthaltsstatus und ihrer Familien:

„Das sind Menschen, die keine Aufenthaltsgenehmigung haben, die in Anführungsstrichen „Illegalen“ – obwohl natürlich kein Mensch illegal ist. Für diese Menschen ist noch einiges zu tun: zum Beispiel in der Gesundheitsversorgung, gegen ihre Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt und vieles mehr.“

Die katholische Kirche habe zusammen mit der Caritas für die Kinder solcher Familien zumindest die Möglichkeit erwirkt, dass diese die Schule besuchen könnten, so Alborino. Darauf könne man stolz sein. Insgesamt sei freilich das Konzept von „Integration“ in Deutschland überholungsbedürftig. Die Idee des Gebens und Nehmens müsse man auch wirklich konsequent verwirklichen, zum Beispiel über entsprechende Gesetze und gesellschaftliches Bewusstsein. Alborino:

„Integration kann man nicht nur mit Maßnahmen für Migranten leisten, sondern das ist ein gesellschaftlicher Diskurs, in den alle mit einbezogen werden. Für uns heißt Integration auch selbstbestimmte Teilhabe. Das heißt, Teilhabe an dieser Gesellschaft. Und die können wir nicht nur durch Sprachkurse bekommen. Es braucht wirklich einen gesellschaftlichen Diskurs, in den alle einbezogen werden: die Mehrheitsgesellschaft und die Migranten selber. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt für die Caritas und die Kirche in Deutschland. (...) Das Verständnis, was Integration heißt, ist noch nicht richtig angekommen. Integration wird meistens auch auf politischer Ebene so verstanden: Der Migrant muss etwas leisten. Es ist richtig – der Migrant muss auch etwas leisten, aber eben auch die Gesamtgesellschaft.“

Verbesserungsbedarf auf gesetzlicher Ebene sieht der Caritas-Mitarbeiter zum Beispiel bei der Frage der doppelten Staatsangehörigkeit für in Deutschland geborenen Kindern von Einwanderern: diese müssen sich in Deutschland für eine der Nationalitäten entscheiden. Weiter gebe es auch auf dem Arbeitsmarkt teilweise fortwährende Diskriminierung von Fachkräften, die aufgrund ihrer nicht-deutschen Herkunft benachteiligt würden, so Alborino.


Die Caritas unterhält bundesweit in Deutschland mehr als 20.000 soziale Einrichtungen: von der Kita bis zum Altenheim, vom Hospiz bis zur Suchtberatungsstelle. Im Kontext der Wohlfahrtsorganisation engagieren sich in Deutschland eine halbe Million Menschen ehrenamtlich. Auch deshalb wird erwartet, dass sich der Papst in Freiburg zum Thema bürgerschaftliches Engagement äußern wird. Die historischen Wurzeln der Caritas im Breisgau gehen auf den katholischen Geistlichen Lorenz Werthmann zurück, dem es ab 1895 gelang, die bis dahin nebeneinander arbeitenden katholischen Sozialeinrichtungen in Freiburg unter einem Dach zu vereinen. Damit schuf der Priester jene Strukturen, die den Deutschen Caritasverband bis heute prägen.

(rv/kna 23.09.2011 pr)









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