Es sei für ihn bewegend, als Bischof von Rom an der Stelle zu stehen, wo Luther einst
Theologie studierte. Das sagte Papst Benedikt in seiner Ansprache im Augustinerkloster.
„Wie
kriege ich einen gnädigen Gott?“ Daß diese Frage die bewegende Kraft seines ganzen
Weges war, trifft mich immer neu. Denn wen kümmert das eigentlich heute – auch unter
Christenmenschen? Was bedeutet die Frage nach Gott in unserem Leben? In unserer Verkündigung?
Die meisten Menschen, auch Christen, setzen doch heute voraus, daß Gott sich für unsere
Sünden und Tugenden letztlich nicht interessiert.“
Darum müsse die Frage
„Wie steht Gott zu mir, wie stehe ich vor Gott“ wieder neu gestellt werden, so der
Papst. Und Christus müsse, ganz im Sinne Luthers, wieder „die Mitte unserer Spiritualität“
werden.
„Nun werden Sie vielleicht sagen: Schön und gut, aber was hat dies
alles mit unserer ökumenischen Situation zu tun? Ist dies alles vielleicht nur ein
Versuch, sich an den drängenden Problemen vorbeizureden, in denen wir auf praktische
Fortschritte, auf konkrete Ergebnisse warten? Ich antwortete darauf: Das Notwendigste
für die Ökumene ist zunächst einmal, daß wir nicht unter dem Säkularisierungsdruck
die großen Gemeinsamkeiten fast unvermerkt verlieren, die uns überhaupt zu Christen
machen und die uns als Gabe und Auftrag geblieben sind.“
Die Gefahr, diese
Gemeinsamkeiten zu verlieren, sei „leider nicht irreal“ – etwa wegen des gleichzeitigen
Vordringens der Säkularisation und der Freikirchen.
„Muss man dem Säkularisierungsdruck
nachgeben, modern werden durch Verdünnung des Glaubens? Natürlich muss der Glaube
heute neu gedacht und vor allem neu gelebt werden, damit er Gegenwart wird. Aber nicht
Verdünnung des Glaubens hilft, sondern nur ihn ganz zu leben in unserem Heute. Dies
ist eine zentrale ökumenische Aufgabe. Dazu sollten wir uns gegenseitig helfen: tiefer
und lebendiger zu glauben. Nicht Taktiken retten uns, retten das Christentum, sondern
neu gedachter und neu gelebter Glaube, durch den Christus und mit ihm der lebendige
Gott in diese unsere Welt hereintritt.“