2011-09-23 13:03:18

Papst in Erfurt: Luthers Fragen neu stellen


Es sei für ihn bewegend, als Bischof von Rom an der Stelle zu stehen, wo Luther einst Theologie studierte. Das sagte Papst Benedikt in seiner Ansprache im Augustinerkloster.

„Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Daß diese Frage die bewegende Kraft seines ganzen Weges war, trifft mich immer neu. Denn wen kümmert das eigentlich heute – auch unter Christenmenschen? Was bedeutet die Frage nach Gott in unserem Leben? In unserer Verkündigung? Die meisten Menschen, auch Christen, setzen doch heute voraus, daß Gott sich für unsere Sünden und Tugenden letztlich nicht interessiert.“

Darum müsse die Frage „Wie steht Gott zu mir, wie stehe ich vor Gott“ wieder neu gestellt werden, so der Papst. Und Christus müsse, ganz im Sinne Luthers, wieder „die Mitte unserer Spiritualität“ werden.

„Nun werden Sie vielleicht sagen: Schön und gut, aber was hat dies alles mit unserer ökumenischen Situation zu tun? Ist dies alles vielleicht nur ein Versuch, sich an den drängenden Problemen vorbeizureden, in denen wir auf praktische Fortschritte, auf konkrete Ergebnisse warten? Ich antwortete darauf: Das Notwendigste für die Ökumene ist zunächst einmal, daß wir nicht unter dem Säkularisierungsdruck die großen Gemeinsamkeiten fast unvermerkt verlieren, die uns überhaupt zu Christen machen und die uns als Gabe und Auftrag geblieben sind.“

Die Gefahr, diese Gemeinsamkeiten zu verlieren, sei „leider nicht irreal“ – etwa wegen des gleichzeitigen Vordringens der Säkularisation und der Freikirchen.

„Muss man dem Säkularisierungsdruck nachgeben, modern werden durch Verdünnung des Glaubens? Natürlich muss der Glaube heute neu gedacht und vor allem neu gelebt werden, damit er Gegenwart wird. Aber nicht Verdünnung des Glaubens hilft, sondern nur ihn ganz zu leben in unserem Heute. Dies ist eine zentrale ökumenische Aufgabe. Dazu sollten wir uns gegenseitig helfen: tiefer und lebendiger zu glauben. Nicht Taktiken retten uns, retten das Christentum, sondern neu gedachter und neu gelebter Glaube, durch den Christus und mit ihm der lebendige Gott in diese unsere Welt hereintritt.“

(rv 23.09.2011 sk)








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