Papst bei ökumenischem Gottesdienst: „Keine Kompromisse eingehen“
In seiner Predigt
in Erfurt beklagte der Papst die Spaltung der Christenheit. Jesus habe doch im Abendmahlssaal
so dringend für die Einheit gebetet. „Ist das Gebet Jesu unerhört geblieben?
Die Geschichte der Christenheit ist sozusagen die sichtbare Seite dieses Dramas, in
dem Christus mit uns Menschen ringt und leidet.“ Doch die Christen sollten
„nicht nur die Trennungen und Spaltungen beklagen, sondern Gott für alles danken,
was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt“, riet der Papst. „Die
grundlegende Einheit besteht darin, daß wir an Gott, den Allmächtigen, den Vater,
den Schöpfer des Himmels und der Erde glauben. Daß wir ihn als den Dreifaltigen bekennen
– Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die höchste Einheit ist nicht monadische Einsamkeit,
sondern Einheit durch Liebe.“ Aber brauche der Mensch Gott, oder gehe es nicht
„auch ohne ihn ganz gut“? Nein, bekräftigte der Papst: „Der Durst nach dem Unendlichen
ist im Menschen unausrottbar da. Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht
ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muß es sein, gemeinsam die Gegenwart
des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie
braucht.“ Der Glaube an Gott müsse sich „in unserem gemeinsamen Eintreten für
den Menschen konkretisieren“ – ein Seitenhieb darauf, dass katholische und evangelische
Kirche in vielen ethischen Fragen, etwa PID, nicht zu einer gemeinsamen Haltung finden. „Die
Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem auch dadurch, daß er Menschen inspiriert,
sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen... Solche
Menschen sind ein wichtiges Zeichen für die Wahrheit unseres Glaubens.“ Und
was war mit den hohen Erwartungen, die man in ökumenischer Hinsicht mit dem Papstbesuch
verknüpft? „Die Gaben, die dabei genannt wurden, brauche ich nicht einzeln
anzuführen. Dazu möchte ich sagen, daß dies ein politisches Mißverständnis des Glaubens
und der Ökumene darstellt.“ Sein Besuch sei ja nicht wie der eines Staatsmannes,
mit dem man Verträge schließt und dabei Kompromisse eingeht, so Benedikt XVI. „Der
Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile. Ein
selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken
oder aushandeln. Er ist die Grundlage, auf der wir leben. Nicht durch Abwägung von
Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den
Glauben wächst Einheit.“ (rv 23.09.2011 sk)