Fast alle deutschen
Zeitungen berichten heute auf ihren Titelseiten über den Papstbesuch. Die meiste Aufmerksamkeit
erhält dabei das Interview der KNA mit Bundespräsident Christian Wulff. Wulff, geschiedener
und wiederverheirateter Katholik, wünscht sich vom Papst ein Wort zu dieser Situation,
in der auch viele andere Katholiken sind.
Zwei überregionale Tageszeitungen
heben die Aussagen Wulffs auf ihre Titelseiten: die Süddeutsche Zeitung und die Welt.
Wenn sich die Lebenslinien nicht verwirklichen ließen, könne es bei fairem Umgang
untereinander für alle Beteiligten besser sein, sich zu trennen. Er habe hierzu in
der Kirche durchaus auch viel Differenzierung erlebt, so zitiert die „Welt“ den Präsidenten.
Der bekennend katholische Vatikanberichterstatter Paul Badde widmet die ganze letzte
Seite des Politikteils dem Papstbesuch. Benedikt komme nicht als Kreuzritter, sondern
als Diener seiner Kirche. Der Titel über dem Artikel: „Besuch eines Machtlosen“.
Die
linksliberale Süddeutsche Zeitung bringt ebenfalls die Aussagen Wulffs auf der ersten
Seite. Im Blattinneren heißt es, Deutschland sei ein besonders schwieriges Pflaster
für den deutschen Papst. Außerdem mache die Kirche ein großes Geheimnis aus einem
möglichen Treffen zwischen Papst und Missbrauchsopfern.
Die liberalkonservative
Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt auf dem Titel eine nüchterne Zusammenfassung
des Papstprogramms. Im Blattinneren heißt es, die Päpste rufen eigentlich überall,
wo sie hingehen, Proteste hervor, sie seien „ein leichtes Ziel für alle Unzufriedenen“.
Allerdings würden die Kundgebungen in Berlin wohl besonders „geschmacklos“ sein, „ätzender,
verletzender, aggressiver“.
Die traditionell papstfreundliche „Bild“ mit ihren
12 Millionen Lesern beschränkt ihre Informationen über den Papstbesuch auf den Satz
„Benedikt XVI. ist heute auf Berlin-Besuch“. Dafür heißt sie ihn mit einem „Grüß Gott,
Heiliger Vater!“ auf dem Titel willkommen. Auf der mittigen Doppelseite prangt ein
Papstbild, das sich aus 10.000 winzigen Fotos von papstfreundlichen Lesern zusammensetzt,
die sich eigens zu diesem Anlass fotografieren ließen.
„Der Papst ist da,
Berlin steht still“, schreibt der linksliberale Berliner Tagesspiegel auf der Titelseite.
Im Inneren widmet er dem Papst einen ausgewogenen Artikel, der Benedikts große Grundthemen
referiert: nicht die Krise des Euro oder die – gleichwohl schrecklichen - Missbrauchsfälle
durch Kleriker, sondern die Anwesenheit Gottes in der Welt, in der Politik, in der
Gesellschaft. Relativ viel Platz wird den Anliegen des Präsidenten des Zentralrats
der Juden, Dieter Graumann, eingeräumt. Er möchte mit dem Papst auch über das sprechen,
was den Juden im Verhältnis zur Kirche „weht tut“, etwa die Annäherung an die traditionalistische
Piusbruderschaft.