2011-09-20 15:33:08

Prälat Jüsten: „Dazu ist er zu souverän“


RealAudioMP3 Papst Benedikt wird bei seiner Rede im Deutschen Bundestag vermutlich das dem Protest geschuldete Fehlen einiger Abgeordneter mit Schweigen übergehen. Das meint der Leiter des Katholischen Büros der Deutschen Bischofskonferenz in Berlin, Karl Jüsten. Nach Ansicht des Prälaten ist der Papst „zu souverän“ zum Nachkarten. Gudrun Sailer sprach an diesem Dienstag mit ihm.

Die Rede Papst Benedikts am Donnerstag im Bundestag: Dutzende Abgeordnete haben angekündigt, sie wollen die Ansprache boykottieren. Was steht dahinter: Heischen nach medialer Aufmerksamkeit, oder echte Sorge um die Trennung zwischen Staat und Kirche?

„Zunächst muss man anerkennen, dass im Bundestag nicht nur Christen sind, sondern auch viele Parlamentarier, die einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, von daher ist es in der Natur der Sache, dass nicht alle so denken wie die katholische Kirche. Ansonsten kann man das Verhalten nur schwer verstehen, denn der Bundestag sprich die Abgeordneten haben den Papst eingeladen, und es ist irgendwie schon komisch, dass die, die einladen, dann nicht da sind. Der Protest der Abgeordneten müsste sich dann eigentlich gegen die Mehrheit ihrer Parlamentskollegen richten, die für den Papst waren. Das Ausland versteht das alles nicht, die ganze Aktion macht einen hilflosen Eindruck. Ganz aberwitzig ist, dass man jetzt der katholischen Kirche unterstellt, dass die Abgeordneten, die fernbleiben, von uns unter Druck gesetzt werden. Das ist abstrus, denn Parlamentarier sind frei gewählt und nur ihrem Gewissen verantwortlich, und die katholische Kirche übt keinen Druck auf einzelne Parlamentarier aus. Im übrigen wird das der Rede keinen Abbruch tun, der Papst ist souverän und die Rede wird vermutlich von so einem Gewicht sein, dass sie dann für sich spricht und damit werden die Kritiker dann auch verstummen.“

Haben Sie Mutmaßungen, worüber der Papst reden wird?

„Das weiß man nicht, man weiß aber, worüber sich der Papst im Vorfeld informiert hat. So vermute ich, er wird über die Grundlagen moderner Demokratie sprechen, wie das Verhältnis ist zwischen christlichem Glauben und Pluralismus, Welchen Beitrag Christen leisten können für die Stabilisierung der Demokratie, aber auch für die politischen Entscheidungen. Und ich vermute auch und würde mich freuen, wenn er ein Wort über Europa sagen würde, es geht nicht nur um die Rettung der Finanzmärkte, sondern um eine Werteentscheidung. Wenn wir jetzt die Finanzmärkte retten, tragen wir dazu bei, Europastabil zu halten und das ist eine Werteentscheidung.“

Meinen Sie, der Papst wird in seiner Rede ganz subtil auch auf das Fernbleiben eines Teils des Bundestags antworten?

„Nein, ich glaube, dazu ist er zu souverän. Er wird seine Rede halten und sich sicher auch an die wenden, die nicht katholisch sind, die Muslime, die Juden, denen er ja unmittelbar danach im Bundestag begegnet. Und er wird sich auch an die Agnostiker wenden, und damit wird er eben zeigen, wie souverän er ist, dass er seine Themen setzen möchte und sich nicht mit kleinkarierten Themen auseinandersetzt wie Fernbleiben von Abgeordneten.“

Welches Nachleben kann die Rede haben? Werden Parlamentarier sie gründlich studieren und in irgendeiner Weise in politische Arbeit ummünzen?

„Ich vermute, diese Rede wird eine Fundgrube werden, die zu wichtigen Fragen herangezogen wird, besonders Grundsatzfragen in unserem Land, um Grundwerteentscheidungen. Und da wird diese Rede vermute ich von allen Fraktionen zitiert, am liebsten werden solche Reden übrigens immer von jenen zitiert, die nicht der katholischen Kirche angehören, und nicht einer der christdemokratischen Parteien, um die zu ärgern, aber daran sieht man, welche Kraft solche Reden entfalten, dass jeder daraus etwas nehmen kann.“

(rv 20.09.2011 gs)








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