2011-09-15 14:52:07

Wie weiter mit der Piusbruderschaft?


RealAudioMP3 Die traditionalistische Bruderschaft St. Pius X. wird in den kommenden Monaten über den Forderungskatalog aus dem Vatikan beraten. Ohne eine Unterschrift unter diese „Minimalanforderungen“ wird es eine Wiederzulassung in der katholischen Kirche für die Piusbruderschaft nicht geben, hat der Heilige Stuhl am Mittwoch klargemacht. In der Vergangenheit war immer die Rede davon, dass eine Aussöhnung mit den Traditionalisten, wenn überhaupt, eine Angelegenheit auf Jahrzehnte ist. Könnte es nun doch schneller gehen? Das fragen wir den emeritierten Regensburger Dogmatik-Professor Wolfgang Beinert, der sich intensiv mit den Positionen der Piusbruderschaft auseinandergesetzt hat.

„Wenn da – von Seiten der Piusbruderschaft - ein Entgegenkommen gezeigt wird, kann eine Einigung sehr rasch erfolgen, und der Papst wird sicherlich bei seiner großen Liebe zur Einheit der Kirche nicht zögern, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sie herbeizuführen. Aber ich bin etwas skeptisch, ob die andere Seite das auch so sehen würde.“

Die Opposition zu bestimmten kirchlichen Lehren ist geradezu der „Daseinsgrund“ der Traditionalisten, so Beinert. Eine Rückkehr zur katholischen Kirche wäre für sie geradezu „theologischer Selbstmord“, so der Dogmatiker zum Münchner Kirchenradio. Sie müsste die wesentlichen Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils anerkennen, und zwar insbesondere auch jene, die für Traditionalisten ein rotes Tuch sind: Ökumene beispielsweise, interreligiöser Dialog, Religions- und Gewissensfreiheit.

„Die Frage ist, kann es einen Kompromiss geben zwischen dem II. Vatikanischen Konzil und der Piusbruderschaft. Ich halte das für ziemlich unwahrscheinlich, weil die Positionen doch diametral entgegengesetzt sind.“

Darüber hinaus müssten die Traditionalisten auch die ordentliche Form der römischen Liturgie, also die neue Messe, für gültig erachten, was sie bisher strikt ablehnen. Beinert glaubt, dass der Streit um die Messform ohnehin nur ein Vorwand ist, an dem die eigentlichen kontroversen Fragen aufgehängt werden.

„Es geht ja nicht nur darum, ob man dort ein Kreuzchen zusetzt oder dort eins weglässt. Sondern die tridentinische Form und die sozusagen vatikanische Form unterscheiden sich grundlegend in ihrer ganzen theologischen Verwurzelung.“

Auch das hängt wiederum mit dem Konzil zusammen. Die Tradition selbst, sagt Beinert, ist nicht das eigentlich Unterscheidende zwischen Vatikan und Piusbrüdern, sondern das, was Tradition aus der jeweiligen Sicht bedeutet.

„Für den Vatikan und das Konzil beginnt Tradition bei der Heiligen Schrift und umfasst auch das erste Jahrtausend der Kirchengeschichte, aus dem die Messreform beispielsweise sich speist. Während die traditionalistischen Formen heute im Grund die Tradition im Hochmittelalter beginnen lassen. Da ist die tridentinische Messe dann unverzichtbar. Aber sie kommt aus einem anderen Geist, und die Frage ist, ist der Geist derselbe, zu dem beide Parteien sich bekennen.“
(rv 15.09.2011 gs)








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