Vatikan legt den Piusbrüdern Forderungskatalog vor
Die Verhandlungen
zwischen Heiligem Stuhl und der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius
X. sind an einen kritischen Punkt gelangt. Der Vatikan knüpft eine eventuelle Wiederaufnahme
der Lefebvrianer in die katholische Kirche an klare Bedingungen. Der Forderungskatalog
wurde an diesem Mittwoch an der Glaubenskongregation dem Leiter der Piusbruderschaft,
Bernard Fellay, ausgehändigt. Das steht in einer Mitteilung des vatikanischen Presseamtes
von diesem Mittwoch.
Acht Treffen hat es zwischen Vertretern der Piusbruderschaft
und des Heiligen Stuhles zwischen Oktober 2009 und April 2011 gegeben. Über die Inhalte
wurde jeweils Stillschweigen vereinbart. In der Mitteilung von diesem Mittwoch heißt
es aber, die Gespräche hätten ihr Ziel erreicht, nämlich „die wechselseitigen Positionen
und Begründungen zu klären“. Es ging darum, „die grundlegenden lehramtlichen Schwierigkeiten
über umstrittene Themen“ zu vertiefen. Um welche Themen es sich handelt, bleibt in
der Mitteilung offen, ist aber Beobachtern aus zahlreichen Stellungnahmen u.a. der
Piusbruderschaft selbst klar. So geht es beispielsweise um die Gültigkeit der Messe
nach den neuen Büchern oder die Anerkennung der katholischen Lehre zu Ökumene und
Religionsfreiheit.
Selbst wenn man „die Sorgen und Eingaben“ der Bruderschaft
bezüglich der Einheit des katholischen Glaubens berücksichtige, so halte die Glaubenskongregation
für die volle Aussöhnung mit dem Apostolischen Stuhl es doch für unerlässlich, dass
die Piusbruderschaft sich bestimmte theologische Standpunkte zu eigen macht. Die Vatikanmitteilung
spricht wörtlich von der „Akzeptanz des Textes der Doktrinalen Präambel, die bei dem
Treffen am 14. September 2011 übergeben wurde. Diese Präambel formuliert einige lehramtliche
Prinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre, die notwendig sind,
um die Treue zum Lehramt der Kirche … zu garantieren“. Gleichzeitig lasse die Präambel
aber die theologische Erklärung einzelner Ausdrücke oder Formulierungen aus den Dokumenten
des II. Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden Lehramtes für eine „legitime Diskussion“
offen. Das bedeutet, dass die Traditionalisten aus Sicht des Heiligen Stuhles den
unverhandelbaren Lehren der katholischen Kirche grundsätzlich zustimmen müssen, begriffliche
Fragen aber zweitrangig sind.
Kommt es zu einer „eventuellen und erwünschten
Versöhnung“, dann können die Lefebvrianer zur Einheit mit Rom zurückkehren. Für den
Fall nämlich, dass die Piusbruderschaft den vatikanischen Forderungskatalog unterschreibt,
stellt die Glaubenskongregation ihr einen rechtlichen Status innerhalb der katholischen
Kirche in Aussicht. Welche Lösung das konkret ist, bleibt in der Mitteilung offen.
Beobachter hielten in der Vergangenheit die rechtliche Form einer Personalprälatur
nach dem Modell „Opus Dei“ oder die Errichtung eines Ordinariats für möglich, wie
der Heilige Stuhl es jüngst für anglikanische Gläubige eingerichtet hatte.
Die
Antwort der Piusbruderschaft auf den vatikanischen Forderungskatalog wird in wenigen
Monaten erwartet, erklärte Vatikansprecher P. Federico Lombardi vor Journalisten.
Zu dem Gespräch an der Glaubenskongregation waren neben Fellay seine zwei wichtigsten
Mitarbeiter geladen, Niklaus Pfluger und Alain-Marc Nely. Von vatikanischer Seite
nahmen der Präfekt und der Sekretär der Kongregation, Kardinal William Levada und
Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer teil, außerdem der Sekretär der zuständigen
Kommission „Ecclesia Dei“, Guido Pozzo.