2011-09-14 17:05:14

Neue liturgische Musik gesucht


Auch Chansons und bestimmte Arten von Popmusik können spirituell hochwertig sein. Das denkt der päpstliche Kulturverantwortliche, Kardinal Gianfranco Ravasi. Er äußerte sich am Rand des Kongresses „Musik und Glaube“ in Perugia. Überdies ermuntert der Präsident des päpstlichen Kulturrates heutige Komponisten dazu, neue liturgische Musik zu schreiben – qualitativ herausragend, aber dennoch dem Ritus dienend. Überhaupt sieht Ravasi heute nach Jahrzehnten des Auseinanderlebens zwischen zeitgenössischer Musik und den Ausdrucksformen der Liturgie die Zeit gekommen, wieder neue Anknüpfungspunkte zu suchen.

„Die Beziehung zwischen Musik und Glaube hat eine außerordentlich reiche Tradition hinter sich, die eine enorme Anzahl von Meisterwerken hervorbrachte. Fast 2000 Jahre lang waren Musik und Glauben miteinander verknüpft. Denken wir an die Psalmen, die Messen, den gregorianischen Gesang oder die Hymnen. Diese Beziehung hat längst Sprünge bekommen, auch weil die Werke im kirchlichen Kontext nicht immer auf dem Niveau ihrer Anwendung waren. Andererseits hat sich die Musik auf Wege begeben, die weit wegführen vom Dialog mit dem Glauben. Wichtig wäre es nun, diese tiefe Verbindung freizulegen, die zwischen Musik und Glauben besteht, und diese beiden Geschwister wieder zu verbinden.“

Die „gebildete“ zeitgenössische Musik könnte sich beispielsweise wieder für sakrale Texte interessieren und die Inspirationskraft der großen Symbole, der großen spirituellen Themen neu entdecken, schlägt Kardinal Ravasi vor. In Bezug auf liturgische Musik warnt der päpstliche Kulturverantwortliche vor einer Parallelentwicklung zur zeitgenössischen Architektur für Sakralbauten und somit vor Kompositionen, die zwar hochwertig, aber ungeeignet für den liturgischen Gebrauch sind. Um das zu vermeiden, rät Ravasi interessierten Komponisten dazu, Theologen und namentlich Liturgiewissenschaftler zu Rate zu ziehen.

„Einerseits kann auf das große Erbe der Vergangenheit zugegriffen werden. Andererseits soll aber auch der Versuch unternommen werden, gültige neue Formen liturgischer Musik zu schaffen, die nicht – wie es oft der Fall war – qualitativ minderwertig oder bescheiden ausgeführt waren. Sondern Kompositionen, die dem Ritus, dem Kult im engen Sinn folgen und doch andererseits den Innovationen und der neuen Grammatik der zeitgenössischen Musik Rechnung tragen.“

Anders ist die Lage auf dem weiten Feld zeitgenössischer U-Musik. Auf gewisse Weise, so Ravasi, trage auch die populäre Musik von heute gewisse spirituelle Spannungen in sich.

„Denken wir beispielsweise an einige Musiker wie Fabrizio de Andre mit seinem Album „Buona Novella“ („die Frohe Botschaft“, erschienen 1970 als Auseinandersetzung mit apokryphen Evangelien, Anm.), oder auch Claudio Baglione, Francesco Battiato. Und in den USA etwa Leonard Cohen. Obwohl diese Musiker, ich würde sagen, einem äußeren Horizont angehören, machen sie auf ihre Weise spirituelle Musik.“

(rv 13.09.2011 gs)








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