2011-09-12 11:48:30

Papst in Ancona: Treffen mit Familien und Verlobten


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. hat Priester zu Barmherzigkeit mit Geschiedenen aufgerufen. Bei einem Besuch in Ancona, der Hauptstadt der italienischen Region Marken, traf sich der Papst an diesem Sonntag Nachmittag auch erstmals mit verlobten Paaren. Dabei verteidigte er die Unauflöslichkeit der Ehe und riet von einem Zusammenwohnen vor der Ehe ab.

Am Morgen hatte Benedikt noch den Nationalen Eucharistischen Kongress feierlich beendet. Am Nachmittag und Abend dieses Sonntags aber schob sich das Thema Ehe und Familie in den Vordergrund. Der Papst traf sich auf dem Guasco-Hügel, in der romanischen Kathedrale, mit Priestern und mit Familien – eine ungewöhnliche Kombination. „Das zeigt aufs schönste die Einheit von Weihe- und Ehesakrament“, und wie sie sich gegenseitig ergänzen“, kommentierte Erzbischof Menichelli das Bild. „Diese beiden Sakramente verweisen doch eines auf das andere, und sie drücken jedes auf seine Weise dieselbe exklusive und fruchtbare Liebe aus.“ Allerdings, so einfach sei das Ehe- wie das Priesterleben heute nicht mehr, das Durchhalten und die Treue seien eine Herausforderung. Und wie oft klopften doch heutzutage italienische Familien „unter Tränen an die Tür des Pfarrhauses, um den Pfarrer um Hilfe zu bitten“, etwa wegen Geldknappheit und unsicherem Arbeitsplatz.

„Ja wirklich, Ehe- wie Priesterstand haben die gleiche Wurzel und die gleiche Mission“, fand auch der Papst: „Beide sollen die Liebe und Selbsthingabe Christi für die Gemeinschaft sichtbar machen. Wenn man das aus dieser Perspektive sieht, dann überwindet man auch eine verengte Sicht auf die Familie, so als wäre die nur ein bloßes Objekt von Seelsorge... Die Familie ist Reichtum für die Eheleute, unersetzliches Gut für die Kinder, Fundament der Gesellschaft, Lebenszelle für den Weg der Kirche.“

Benedikt sprach sogar, mit einem Zitat seines Vorgängers Johannes Paul, von einem „richtiggehenden Evangelium der Ehe und der Familie“. Priester sollten sich den Familien nahe fühlen, riet er: Beide Seiten hätten schließlich ihre Berufung „nicht privat für sich, sondern für die ganze Kirche“.

„Ermutigt die Eheleute, helft ihnen bei der Erziehung, helft ihnen dabei, immer wieder die Gnade der Ehe zu erneuern. Macht die Familie zur Protagonistin in der Seelsorge. Seid aufnahmebereit und barmherzig – auch mit denen, denen es schwerfällt, das bei der Hochzeit eingegangene Versprechen zu halten, auch mit denen, die das leider nicht geschafft haben.“

Das heißt: Barmherzigkeit auch Getrennten und Geschiedenen. Spiegelbildlich bat Benedikt auch die Eheleute, sie sollten zu ihren Priestern stehen, auch wenn diese einmal „eine Prüfung durchmachen“. Jesu Gnade und Kraft könnten den Menschen „in jeder Lebenslage erreichen, auch in der allerschwierigsten“. „Die Glaubenserziehung der neuen Generationen hängt auch von eurer Kohärenz ab“, das schrieb er Priestern wie Paaren ins Stammbuch.
Letzter Termin Benedettos in Ancona: ein Treffen mit fünfhundert verlobten Pärchen, auf dem größten Platz der Stadt. Premiere für eine Papstreise. Als dem Papst als erstes ein kleines Baby zum Segnen angereicht wurde, schmunzelten die Beobachter.
Zwei Verlobte durften für den Besucher aus dem Vatikan eine kleine Rede halten: „Uns ist schon klar, dass die Phase des Verliebtseins nur den ersten Teil der Straße abdeckt, die wir gemeinsam zurücklegen wollen...“ „Was uns Sorgen macht“, so Massimiliano, „das ist die Arbeitsplatz-Unsicherheit. Wir wohnen deswegen noch bei unseren Herkunftsfamilien; weil es so schwierig ist, eine feste Arbeit zu finden, haben wir mit der Verlobung lange gezögert; und dann sehen wir, wie rund um uns so viele Verbindungen sich wieder lösen.“ „Und welchen Platz haben die Verlobten in der christlichen Gemeinschaft?“, fragt Massimilianos Verlobte Fabiana. „Einmal abgesehen vom Vorbereitungskurs auf die Ehe, was sollte die christliche Gemeinschaft für die Verlobten sonst noch tun?“

„Das sind Fragen, die in unserem heutigen sozialen Kontext noch schwieriger zu beantworten sind als früher“, reagierte Benedikt XVI. „Unsere heutige Zeit ist nicht einfach, vor allem für euch junge Leute. Wie bei der Hochzeit von Kana: Der Tisch bricht fast unter dem guten Essen zusammen, aber irgendwie fehlt der Wein für das Fest!“

Vor allem die Angst vor der Arbeitslosigkeit lasse jungen Leuten heute ihre Zukunft so unsicher erscheinen und hindere sie daran, dauerhafte Entscheidungen zu treffen. Außerdem fehlten in der heutigen Kultur „klare moralische Kriterien“, und so dächten viele „in der allgemeinen Verwirrung“ nur an sich und nur an heute.

„Auch die tiefgreifenden Entscheidungen werden dadurch geschwächt, sie scheinen widerrufbar – das gilt geradezu als ein Ausdruck der Freiheit, obwohl es eher das Gegenteil ist. Auch die scheinbare Verherrlichung des Leibes gehört zu einer Kultur, die ohne den Wein des Festes auskommt: In Wirklichkeit wird die Sexualität banalisiert und aus ihrem Zusammenhang von Lebens- und Liebesgemeinschaft herausgerückt.“

Klare Diagnose – aber kein Allheilmittel zur Hand. „Habt keine Angst, stellt euch den Herausforderungen“, rief der Papst, „vergeßt auch in Schwierigkeiten nicht, dass nichts uns trennen kann von der Liebe Gottes.“

„Lasst euch nicht von einem hohen Ideal der Liebe abbringen! Sie ist ein Widerschein der Liebe Gottes. Sucht aktiv die Mitarbeit und Verantwortung in der christlichen Gemeinde. Und vergeßt nicht, dass echte Liebe auch einen Reifungsprozess durchmacht: Uneigennützigkeit, Opferbereitschaft, Vergeben, Respekt vor dem anderen gehören dazu.“

Die jungen Pärchen sollten sich darauf vorbereiten, das Jawort für immer „mit Überzeugung“ zu sprechen: Unauflöslichkeit der Ehe sei „nicht so sehr eine Bedingung als eher ein Geschenk, das sich in jeder schwankenden menschlichen Situation leben läßt“.

„Und glaubt nicht, dass das Zusammenleben vor der Ehe, wie viele das heute behaupten, eine Art Garantie für die Zukunft wäre... Die Liebe verlangt es, dass man die Zeiten und die verschiedenen Abstufungen in ihrem Ausdruck respektiert.“

Bei Schwierigkeiten sollten die jungen Paare es künftig machen wie Maria: Die bat auf der Hochzeit von Kana Jesus um Hilfe, als der Wein ausgegangen war, und sagte zu den Dienern „Was er euch sagt, das tut“. Das sind, wie Benedikt erwähnte, Marias letzte Worte in der Bibel: ein Rezept. Wer sich an Jesus wende, dem werde „das Wasser des täglichen Lebens zum Wein der Liebe, die das Leben schön, gut und fruchtbar macht“.

Eucharistie und Ehe und Familie – das waren die zwei großen Themen des Papstbesuches in Ancona. Er dauerte nur einen Tag, nachts war Benedikt wieder in Castelgandolfo. Sein nächster größerer Ausflug führt ihn nach Deutschland.

(rv 12.09.2011 sk)








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