Liturgie – was Sie schon immer darüber wissen wollten Heute: Ämter und Gewänder
in der Liturgie
Immer dasselbe und
doch so bunt: Die Liturgie prägt das Leben eines jeden Gläubigen. Was für Katholiken
selbstverständlich ist, ist aber doch nicht bei allen so bekannt. Der Theologe Liborius
Olaf Lumma gibt uns eine Einführung in die katholische Liturgie. Liborius Olaf Lumma
ist seit 2006 Universitätsassistent am Institut für Bibelwissenschaften und Historische
Theologie der Universität Innsbruck im Fachbereich Liturgiewissenschaft. Er hat im
Pustet Verlag das Buch „Crashkurs Liturgie“ herausgegeben. In der heutigen Sendung
geht es um Ämter und Gewänder in der Liturgie.
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Teile auf CD bestellen: cd @ radiovatikan.de
Wo immer Liturgie gefeiert
wird, ist im Geist die ganze Kirche versammelt. Wenn im eucharistischen Hochgebet
Papst und Bischof genannt werden, dann drückt sich darin die kirchliche Gemeinschaft
in aller Welt aus. Wenn die Apostel, die Heiligen und alle Verstorbenen genannt werden,
dann drückt sich die Gemeinschaft über alle Zeiten hinweg aus. Es ist also immer
die Kirche als ganze, die Liturgie feiert. Zugleich kennt sie eine innere Gliederung
in verschiedene zusammengehörige und aufeinander bezogene Dienstämter.
Drei
dieser Ämter werden nur von Personen ausgeübt, die dafür eine eigene Ordination empfangen
haben.
Die Ordination wird im Deutschen für gewöhnlich als „Weihe“ bezeichnet,
wobei das lateinische ordinatio eigentlich die „Aufnahme in eine Gruppe“ bezeichnet.
Das
erste dieser Ämter ist das des Bischofs. Das Bischofsamt (griechisch episkopos; in
etwa „Aufseher“) wird als Lehr- und Leitungsamt in der Nachfolge der Apostel Jesu
verstanden. Spätestens seit dem Ende des 2. Jahrhunderts wurde jede christliche Stadtgemeinde
durch einen einzelnen Bischof geleitet. Im Laufe der weiteren Entwicklung wurde der
Bischof dann zuständig für eine größere Region, das Bistum oder die Diözese.
In
der Liturgie spiegelt sich die Lehr- und Leitungsfunktion des Bischofs darin wieder,
dass er grundsätzlich als Vorsteher der Liturgie amtiert, lateinisch praesidens oder
griechisch pro-histamenos, was wörtlich eben Vorsteher oder Vorsitzender bedeutet.
Zum Vorsteheramt gehört das Eröffnen eines Gottesdienstes, der Segen am Schluss und
dergleichen, das Vortragen von Gebeten, besonders dem eucharistischen Hochgebet, außerdem
auch die Auslegung der Heiligen Schrift in der Homilie, der Predigt. Der Vorsteher
trägt jedoch nicht die biblischen Lesungen vor (er ist hier gemeinsam mit der Gemeinde
Hörender). So die Grundregel für die Ausgestaltung des Vorsteherdienstes, die zumindest
für die meisten liturgischen Feiern gilt.
Das zweite Weiheamt ist das des Priesters
oder Presbyters (von griechisch presbyteros für „Vorsteher“, „Ältester“). Presbyter
üben in der Liturgie ebenfalls Vorsteherfunktion aus; sie tun dies immer im Auftrag
des jeweiligen Bischofs, unter seiner Autorität und in Einheit mit ihm.
Als
Resultat eines jahrhundertelangen Klärungsprozesses hat die Kirche den Vorsteherdienst
in bestimmten Liturgien an das Amt des Bischofs oder des Priesters gebunden –etwa
bei der Eucharistiefeier, dem Sakrament der Versöhnung und der Krankensalbung. Darin
kommt zum Ausdruck, dass diese zentralen Akte des kirchlichen Lebens gewissermaßen
der Verfügbarkeit der einzelnen Gemeinde entzogen sind. Durch die Bindung der Liturgie
an das kirchliche Amt kommt die Unverfügbarkeit, der gnadenhafte Charakter aller Begegnung
zwischen Mensch und Gott zum Ausdruck. Das ist weder für Laien ein Grund, neidisch
zu werden, noch für die Amtsträger ein Grund zum Stolz; vielmehr wird darin die ganze
Kirche auf das Unverdiente, das Geschenk des Glaubens verwiesen, das in Jesus Christus
und dem Erbe seiner Apostel den Ursprung nimmt. Wo die Bindung bestimmter kirchlicher
Vollzüge an Bischöfe und Priester hingegen als eine Art persönliche Monopolisierung
der göttlichen Gnade durch die Amtsträger wahrgenommen und gelebt wird, da wird sie
jedenfalls ganz gewiss falsch verstanden.
Das dritte Weiheamt ist das des Diakons.
Nach einer sehr wechselhaften Geschichte, in der der Diakonat schließlich nur noch
eine Durchgangsstufe für angehende Priester war, wurde das Diakonenamt erst nach dem
II. Vatikanum wieder für die Kirche des römischen Ritus fest etabliert. Schon in der
frühen Kirche ist als ein Schwerpunkt des Diakonenamtes der Sozial- und Verwaltungsdienst
bezeugt. Hier jedoch soll es jetzt nur um seine liturgischen Dienste gehen:
In
der Eucharistiefeier vereint der Diakon mehrere Aufgaben. Er ist der unmittelbare
Assistent des Vorstehers, der etwa Bücher anreicht, bei Beweihräucherungen hilft usw.
Er ist Anleiter der Gemeinde, fast nach Art eines „Zeremonienmeisters“, wenn er zu
symbolischen Handlungen auffordert („Beuget die Knie“, „Gebt einander ein Zeichen
des Friedens“), und er trägt die einzelnen Anliegen des Allgemeinen Gebets, die Fürbitten
vor. Seine wohl herausragendste Tätigkeit aber besteht darin, dass er das Evangelium
verkündet und auf diese Weise Jesus Christus selbst seine Stimme leiht.
Bei
Gottesdiensten, die nicht an Bischof oder Presbyter gebunden sind, kann der Diakon
auch Vorsteher einer Liturgie sein, etwa beim Stundengebet, bei Taufen, Begräbnissen
und so weiter.
Es gibt darüber hinaus liturgische Dienste, die von Laien (also
Gläubigen ohne Ordination) ausgeübt werden, einige seien hier genannt:
Das
Amt der Gottesdienstleiterin oder des Gottesdienstleiters Wo immer sich
Christen zum gemeinsamen Gebet versammeln, wird irgendeiner von ihnen fast automatisch
Leiterin oder Leiter sein – eine Begrüßung sprechen, vorbeten, ein Segensgebet formulieren
und so weiter.
Mit dem Fachbegriff der Gottesdienstleiterin und des Gottesdienstleiters
sind deshalb hier diejenigen Personen gemeint, die in Abwesenheit von Bischof, Presbyter
und Diakon öffentliche Gemeindegottesdienste, zum Beispiel sonntägliche Wort-Gottes-Feiern
leiten. Ein Gottesdienstleiter übernimmt in solchen Feiern alle Vorsteherdienste (z.B.
Eröffnung und Schluss, Vortrag von Gebete etc.), er verzichtet dabei nur auf einzelne
rituelle Details, die den Weiheämtern vorbehalten sind.
Kommunionhelferin
/ Kommunionhelfer Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer unterstützen
den Vorsteher der Eucharistiefeier beim Austeilen der eucharistischen Gaben. Daneben
ist es auch ihr Dienst, den Leib Christi außerhalb der Eucharistiefeier zu den Kranken
zu bringen, sei es in Kliniken, sei es in Privatwohnungen.
Während das Kommunionausteilen
durch Laien in der Eucharistiefeier eine echte Neuerung nach dem II. Vatikanum darstellt,
greift die „Krankenkommunion“ älteste kirchliche Praxis auf, wonach es vielerorts
weit verbreitet war, dass Gläubige ihren kranken Angehörigen die Kommunion aus dem
Gemeindegottesdienst mit nach Hause brachten und diese darüber hinaus auch für den
eigenen Verzehr in den Privatwohnungen aufbewahrten.
Lektorin/Lektor Strenggenommen
muss man das, was wir im Deutschen gewöhnlich Lektorin, Lektor nennen, vom kirchlichen
Amt des Lektors und des Akolythen genau unterscheiden. Da ieses Amt aber in unseren
Gemeinden kaum vorkommt, weil es nur noch als Vorstufe für die Diakonenweihe praktiziert
wird, gehe ich darauf jetzt nicht näher ein. Der Dienst von Lektorinnen und Lektoren
besteht darin, Lesungen aus der Heiligen Schrift vorzutragen und bei Abwesenheit eines
Diakons das Allgemeine Gebet in der Eucharistiefeier anzuleiten.
Kantorin
– Kantor – Chor – Organistin – Organist Die Vollform der Liturgie verlangt
den gesungenen Vollzug – nicht nur aus historischen, sondern auch aus ästhetischen
und theologischen Gründen, denn im Gesang kommt die Leiblichkeit des Menschen, die
ja in seine Gottesbeziehung einbezogen ist, in größerer Fülle zum Ausdruck. Das
II. Vatikanische Konzil hat das Kantorenamt als Vorsängerdienst wiederbelebt. Der
Kantor übernimmt verschiedene Gesänge der Messe, insbesondere den Antwortpsalm und
den Halleluja-Ruf sowie alles, was eine Ausführung im Wechsel zwischen Vorsänger und
Gemeinde verlangt: etwa die Kyrie-Rufe.
Vom Kantorenamt zu unterscheiden ist
der (Kirchen-)Chor, dessen Funktion sich mit der einer Kantorin oder eines Kantors
decken kann, aber nicht muss: Wenn nämlich der Chor Gesänge singt, die der Sache nach
der ganzen Gemeinde zukommen, dann tritt er an deren Stelle und nicht an die Stelle
des Kantors, zum Beispiel durch den Vortrag von kunstvollen Kompositionen des Gloria,
des Credo usw.
Der Dienst der Organistin/des Organisten oder auch anderer Instrumentalisten
hat verschiedene Funktionen: Er dient stets der musikalischen Anleitung und Unterstützung
des Gesangs, darüber hinaus kann und soll Musik aber auch die Aussagekraft liturgischer
Handlungen sowie ihre Wirkung auf die Menschen bereichern und vertiefen.
Ministrantin
/ Ministrant Ministrantinnen und Ministranten nehmen in der Liturgie alle
Funktionen wahr, die den rituellen Ablauf unterstützen und durch den Einsatz bestimmter
Symbolik die Ausgestaltung und „ganzheitliche“ Erfahrung der Liturgie verstärken und
verdeutlichen. Dazu gehört das Tragen und Halten von Kerzen, Weihrauch, liturgischen
Büchern und dergleichen mehr. Theologisch höchstbedeutsam ist die meist durch die
Ministrantinnen und Minstranten durchgeführte Gabenbereitung in der Eucharistiefeier.
Hier wird deutlich, dass das Tun der Altardiener letztlich die ganze Gemeinde repräsentiert,
die ihre Gaben und symbolisch darin sich selbst vor Gott stellt.
Der Ministrantendienst
wird überwiegend von Kindern ausgeübt, sodass er oft eher als eine Art pädagogische
Maßnahme für die religiöse Erziehung der Kinder wahrgenommen wird. Altardienst ist
aber mehr als das: Er ist Stellvertretung der ganzen Gemeinde. Der Altardienst nimmt
eine eigenständige Funktion in der Liturgie wahr. Ohne ihn können viele Elemente nicht
in ihrer Vollgestalt und nicht in sinnlich-symbolischem Reichtum erfahren werden.
In
der Feier der Liturgie spielt auch eigene Kleidung eine besondere Rolle. Im Buch Genesis
wird der Mensch als ein Wesen beschrieben, das zunächst nackt Gott gegenübertritt.
Doch im Moment der ersten Sünde entsteht das Bedürfnis, den Körper zu bedecken, sich
gewissermaßen vor Gott zu verstecken. Mit anderen Worten: Kleidung ist zunächst Zeichen
der Sünde. Ist Kleidung allerdings schön, schmuckvoll, leuchtend, frei von Schmutz
und Beschädigungen, dann kann sie auch zum Symbol für einen neu geschaffenen, von
der Sünde befreiten, „reingewaschenen“ Menschen stehen. So wird in der neutestamentlichen
Metaphorik der christliche Glaube als das „Anziehen des neuen Menschen“ bezeichnet
(Epheserbrief, Kapitel 4) oder auch als das „Bekleidetsein mit Christus“ (Galaterbrief,
Kapitel 3). Der im Glauben erneuerte Mensch ist nicht mehr von der Sünde verunstaltet.
Die Reinheit des in dieser Weise neu geschaffenen Menschen – und das heißt konkret:
des getauften Menschen – wird im Neuen Testament durch leuchtende, weiße Gewänder
ausgedrückt (Offenbarung, Kapitel 7).
Wenn in der Liturgie besondere Gewänder
Verwendung finden, dann hat dies also nicht nur eine ästhetische, sondern vor allem
eine theologische Bedeutung: Der Mensch, der im Glauben Gott gegenübertritt, ist durch
den Glauben „neu bekleidet“. Das grundlegende liturgische Kleid ist daher auch die
Albe, das durchgehend weiße Gewand, das nichts anderes ist als das weiße Kleid der
Taufe. Es ist für alle liturgischen Dienste vorgesehen, vom Bischof bis zur Ministrantin,
und es sind eigentlich nur praktische Gründe, die verhindern, dass alle Getauften
im Gottesdienst die Albe tragen. Bischof, Presbyter und Diakon tragen über der Albe
dann noch ihre jeweilige Amtskleidung. Das weiße Kleid der Albe erinnert zurück an
die Taufe. Bedenkt man, dass auch alle Getauften immer wieder sündigen und auf Umkehr
und Vergebung angewiesen sind, dann darf man im liturgischen Gewand zugleich einen
Ausdruck der Zukunftshoffnung sehen: Die Albe schaut voraus auf die endgültige „Reinigung“
des Menschen in seiner Beziehung zu Gott.
In der Liturgie drückt sich die Kirche
als ganze aus, als Leib Christi, als Volk Gottes in seiner Beziehung zum Vater. Die
verschiedenen Glieder des Leibes tragen je das ihre – gemäß ihren Begabungen und Beauftragungen
– zum Gesamt der Liturgie bei. Alle gemeinsam bilden das Volk Gottes: Es jubelt Gott
zu, betet zu ihm, dankt ihm, hört sein Wort und geht ihm entgegen.
Nächste
Woche geht es weiter mit einer Betrachtung zu Liturgie von und mit Papst Benedikt
XVI.