Liebe Freunde! Ich danke für die liebevollen Worte, die die jungen Vertreter der
fünf Kontinente an mich gerichtet haben. Von Herzen grüße ich alle, die hier versammelt
sind, Jugendliche aus Ozeanien, Afrika, Amerika, Asien und Europa; und auch jene,
die nicht haben kommen können. Ich denke immer an euch und bete für euch. Nun hat
Gott mir die Gnade gewährt, euch aus der Nähe zu sehen und zu hören und gemeinsam
mit euch auf sein Wort zu hören. In der Lesung, die vorgetragen wurde, haben wir
einen Abschnitt aus dem Evangelium gehört, in dem davon die Rede ist, die Worte Jesu
aufzunehmen und sie in die Tat umzusetzen. Es gibt Worte, die nur zur Unterhaltung
dienen und wie der Wind vergehen; andere schulen den Geist in mancher Hinsicht; die
Worte Jesu, hingegen, müssen bis ins Herz dringen, darin Wurzeln schlagen und das
ganze Leben prägen. Andernfalls bleiben sie leer und verflüchtigen sich. Sie bringen
uns ihm nicht näher. Und auf diese Weise bleibt Christus weiterhin fern, wie eine
Stimme unter vielen anderen, die uns umgeben und an die wir uns schon gewöhnt haben.
Überdies lehrt der Meister, der spricht, nicht, was er von anderen gelernt hat, sondern
das, was er selber ist. Er ist der Einzige, der den Weg des Menschen zu Gott wirklich
kennt, denn er selbst hat ihn für uns geöffnet, ihn geschaffen, damit wir das wirkliche
Leben erreichen können, das immer zu leben lohnt, unter allen Bedingungen, und das
nicht einmal der Tod zerstören kann. Das Evangelium fährt fort, indem es diese Dinge
mit dem eindrucksvollen Bild erklärt, daß wer auf den festen Felsen baut, den Angriffen
der Widerwärtigkeiten standhält, im Gegensatz zu dem, der auf Sand baut, vielleicht
an einem paradiesischen Ort, könnten wir heute sagen. Doch beim ersten Windstoß zerbröckelt
sein Bau und wird zur Ruine. Liebe junge Freunde, hört wirklich auf die Worte des
Herrn, damit sie in euch „Geist und Leben“ (Joh 6,63) seien, Wurzeln, die euer
Sein ernähren, Verhaltensmaßstäbe, die uns der Person Christi ähnlich werden lassen:
arm im Geiste, hungernd nach Gerechtigkeit, barmherzig, reinen Herzens, friedliebend.
Tut es jeden Tag mit Beharrlichkeit, wie man es mit dem wahren Freund tut, der uns
nicht betrügt und mit dem wir den Lebensweg teilen wollen. Ihr wißt genau, daß wir,
wenn wir nicht an der Seite Christi vorangehen, der uns führt, uns auf anderen Wegen
verlieren: wie dem unserer blinden und egoistischen Impulse, dem Weg der verlockenden
Vorschläge, die aber eigennützig, trügerisch und unbeständig sind und Leere und Enttäuschung
hinterlassen. Nutzt diese Tage, um Christus besser kennenzulernen und die Gewißheit
zu haben, daß, wenn ihr in ihm verwurzelt bleibt, eure Begeisterung und eure Fröhlichkeit,
euer Sehnen, das Gewöhnliche zu überschreiten, zu dem zu gelangen, was erhabener ist,
bis hin zu Gott – daß all das immer eine sichere Zukunft hat, denn das Leben in Fülle
ist schon in euch angelegt. Laßt es wachsen mit der göttlichen Gnade, großherzig und
ohne Mittelmäßigkeit, indem ihr ernsthaft das Ziel der Heiligkeit ins Auge faßt. Und
angesichts unserer Schwächen, die uns manchmal bedrücken, verlassen wir uns auch auf
die Barmherzigkeit des Herrn, der immer bereit ist, uns erneut die Hand zu reichen,
und der uns durch das Sakrament der Buße die Vergebung gewährt. Wenn ihr auf den
sicheren Felsen baut, wird euer Leben nicht nur fest und beständig sein, sondern es
wird dazu beitragen, das Licht Christi auf eure Altersgenossen und auf die gesamte
Menschheit scheinen zu lassen, indem es eine wertvolle Alternative aufzeigt für viele,
die sich im Leben haben gehen lassen, weil die Fundamente ihrer Existenz nicht haltbar
waren. Für viele, die sich damit begnügen, den Modeströmungen zu folgen, die im unmittelbaren
Nutzen ihre Zuflucht suchen und dabei die wahre Gerechtigkeit vergessen oder sich
auf ihre eigenen Ansichten zurückziehen, anstatt die Wahrheit „ohne wenn und aber“
zu suchen. Ja, es gibt viele, die sich für Götter halten und meinen, keine anderen
Wurzeln noch Fundamente zu brauchen als sich selbst. Sie würden gern ganz allein entscheiden,
was Wahrheit ist und was nicht, was gut oder schlecht, gerecht oder ungerecht ist;
entscheiden, wer wert ist zu leben und wer hingegen auf dem Altar anderer Perspektiven
geopfert werden kann. Sie möchten jeden Moment ihren Schritt dem Zufall überlassen,
ohne einen festgesetzten Kurs, indem sie sich vom Impuls den Augenblicks leiten lassen.
Diese Versuchungen lauern stets im Hinterhalt. Es ist wichtig, ihnen nicht zu erliegen,
denn in Wirklichkeit führen sie zu etwas, das dahinschwindet wie ein Leben ohne Horizonte,
eine Freiheit ohne Gott. Wir wissen dagegen sehr wohl, daß wir als Freie erschaffen
worden sind, nach dem Bild Gottes, und zwar damit wir Protagonisten auf der Suche
nach der Wahrheit und nach dem Guten sind, verantwortlich für unser Handeln und nicht
bloß blinde Vollstrecker; kreative Mitarbeiter bei der Aufgabe, das Werk der Schöpfung
zu pflegen und zu verschönern. Gott wünscht sich einen verantwortlichen Partner, jemanden,
der mit ihm sprechen und ihn lieben kann. Durch Christus können wir das wirklich erreichen,
und wenn wir in ihm verwurzelt bleiben, verleihen wir unserer Freiheit Flügel. Ist
das nicht der große Grund unserer Freude? Ist das nicht ein fester Boden, um eine
Kultur der Liebe und des Lebens zu errichten, die fähig ist, jeden Menschen zu vermenschlichen? Liebe
Freunde, seid klug und weise, baut euer Leben auf den festen Grund, der Christus ist.
Diese Weisheit und Klugheit wird eure Schritte leiten, nichts wird euch in Furcht
setzen, und in eurem Herzen wird der Friede herrschen. Dann werdet ihr selig, glücklich
sein, und eure Freude wird die anderen anstecken. Sie werden sich fragen, was das
Geheimnis eures Lebens ist, und sie werden entdecken, daß der Fels, der das ganze
Gebäude trägt und auf den sich euer ganzes Leben stützt, die Person Christi selbst
ist, euer Freund, Bruder und Herr, der menschgewordene Sohn Gottes, der dem gesamten
Universum Beständigkeit verleiht. Er starb für uns und ist auferstanden, damit wir
das Leben haben, und nun lebt er fort und ist vom Thron des Vaters aus weiterhin allen
Menschen nah, indem er ständig liebevoll über jedem einzelnen wacht. Ich vertraue
die Früchte dieses Weltjugendtags der Allerseligsten Jungfrau Maria an, die ihr „Ja“
zum Willen Gottes zu sagen vermochte und die uns wie kein anderer die Treue zu ihrem
göttlichen Sohn lehrt, dem sie bis zu seinem Tod am Kreuz folgte. Über all das werden
wir an den verschiedenen Stationen des Kreuzwegs noch eingehender nachdenken. Beten
wir, daß unser heutiges „Ja“ zu Christus wie das ihre auch ein bedingungsloses „Ja“
zu seiner Freundschaft sei, am Ende dieses Weltjugendtages und unser ganzes Leben
hindurch. Danke. (rv 18.08.2011 gs)