2011-08-11 15:47:30

Chile: Kirche vermittelt im Bildungsstreit


RealAudioMP3 In Chile protestieren seit Monaten Studierende für eine gerechtere Bildungspolitik. Hunderttausende gingen auf die Straße, einige Hundert wurden festgenommen. Die Bischöfe haben angeboten, in dem Konflikt mit der Regierung zu vermitteln. Das chilenische Bildungssystem stammt aus dem Jahr 1981, wurde also von der Pinochet-Diktatur eingeführt. Die Studierenden wollen grundlegende Reformen, erklärt Reiner Wilhelm, Chile-Fachmann beim bischöflichen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Sie fordern, dass die Schulen und Universitäten bezahlbar oder sogar gratis sind, denn viele der Studenten müssen sich verschulden, damit sie überhaupt studieren können. Was in den Protesten immer wieder aufkommt ist, dass die privaten Universitäten so arbeiten müssen, dass sie keinen Gewinn abwerfen. Das sind natürlich Dinge, die sehr stark am Grundgerüst des Systems rütteln. Die Schüler und Studenten sagen auch, wie sie das finanzieren wollen, nämlich über eine Steuerreform. Allerdings würde so etwas die Großunternehmer und vor allem diejenigen, die zurzeit an der Regierung sind, am stärksten belasten. Es ist eine sehr politische Situation.“

Nun hat aktuell die chilenische Bischofskonferenz eine Stellungnahme zu den Protesten veröffentlicht. Welche Haltung nimmt die katholische Kirche in dem Bildungsstreit ein?

„Sie versucht zum Dialog aufzurufen und beide Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen. Die Proteste richten sich nicht gegen die Kirche, die auch in der Vermittlung steht. Die katholischen Schulen sind in Chile sehr stark verbreitet, aber man will diesen Gewinncharakter nicht hochkommen lassen. Man versucht dort Bildung so anzubieten, dass die ärmeren Bevölkerungsschichten auch Möglichkeiten haben, an der Bildung Teil zu haben.“

Die Bildung weist ja immer mittelfristig oder langfristig in die Zukunft eines Landes. Kann man sagen, wo der versteckte Graben dieses Konfliktes verläuft? Sind es junge Leute, die die Perspektive des Landes verbessern wollen, gegen Konservative oder worum geht es im Grund?

„Die Eltern legen sich wirklich krumm für eine bessere Ausbildung ihrer Kinder. Das heißt sie hatten selber in der Regel nicht die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, Universitätsabschlüsse zu machen und dann ist es für sie ganz besonders wichtig, ihren Kindern eine Perspektive zu bieten. Da Problem ist aber, die Kinder werden, wenn sie die Universitäten verlassen haben, kaum eingestellt. Sie haben hohe Schulden und da ist natürlich immenses Konfliktpotential und sehr viel Frustration.“

Die Regierung hat ja jetzt Reformprojekte im Parlament vorgelegt. Reicht das den Studierenden?

„Nein, man ist hingegangen und hat gesagt, wir müssen ein Stipendiensystem aufbauen, wo es mehr Geld gibt. Aber es geht nicht an die eigentlichen Probleme. Die liegen ganz eindeutig in der Struktur.“

(rv 11.08.2011 gs)








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